: DDR in die Nato?
■ Betr.: "Nato sucht Lebensraum im Osten", taz vom 5.2.90
betr.: „Nato sucht Lebensraum im Osten“, taz vom 5.2.90
Das könnte den Herren Stoltenberg, Dregger und Co., all den kalten Kriegern des freien Westens so passen: Über -Lebensraum für ihre anachronistischen Militärmonstren im Osten!
Nachdem die Truppe von ihren internen Mießmachern, wie Schmähling, bereinigt ist, wird ge- und entschlossen die Flucht nach vorn angetreten - nach dem Motto: Wenn schon nicht die tiefflug-, atomwaffenstationierungs- und truppenübungsmüde Wohlstandbevölkerung der BRD, so werden doch wenigstens die an jahrzehntelange Gleichschaltung gewöhnten Menschen in der DDR ihren neuen Führern den Verteidigungsauftrag des Westbündnisses abnehmen. Der Irrsinn dieser unserer Vorzeigedemokratie liegt auf der Hand:
Während die Bevölkerung in der Schweiz sich in einer Volksabstimmung massenhaft - wenn auch nicht zur Mehrheit gegen die Armee ausgesprochen hat, wird hier der Volksentscheid bisher verweigert und soll nun nach dem Willen der Rechten einzig für die Wiedervereinigung funktionalisiert werden.
Während es zum Beispiel in Spanien Zehntausende Totalverweigerer gibt, soll in der BRD Andreas Speck am 5.3.90 in Duisburg still und leise zu 16 Monaten Knast abgeurteilt werden (Kontakt: SodZdl, Bremer Straße 1 a, 2900 Oldenburg). Während rund um die Deutschländer die Bevölkerung um Entmilitarisierung kämpft, entblößen hierzulande Verteidigungs- und Justizministerium anläßlich der hysterischen Reaktionen auf das Frankfurter „Soldatenurteil“ ihre häßliche pseudodemokratische Fratze und das rotgrüne Berlin beschließt die Auslieferung eines Totalverweigerers.
Und schließlich soll in der DDR nach dem willen des Verteidigungsausschusses zwar die Gewissensinquisition abgeschafft, die Wehrpflicht jedoch nicht angetastet werden
-und wie beim großen Vorbild BRD soll auch die längere Zivildienstzeit eingeführt werden.
Doch auch hier beginnt sich ein, wenn auch noch recht laues, Lüftchen gegen die herrschenden Militärstrategen zu regen. So gibt es in der BRD eine AG „BRD ohne Armee“ (Scharnhorststraße 6, 5000 Köln 60), die dieser Tage gerade einen Aufrufentwurf zusammenbastelt. In der DDR existiert seit längerem ein Freundeskreis Wehrdiensttotalverweigerer (Spendenkonto IDK Berlin (West), Postgiro BLZ 100 100 10, Konto 1607 76-105, Stichwort FWTV/DDR). Ehemalige und neue Friedensbewegte wie AntimilitaristInnen sind aufgerufen, diese und weitere entsprechende Gruppen nach Kräften zu fördern und zu unterstützen, um die sanfte Brise in einen rauhen Sturm zu wandeln. Hier bietet sich in einem letzten relevanten Bereich eine Chance zu der radikalen Umgestaltung, die für uns nach dem erfolgten Utopienverlust beispielsweise im ökonomischen Bereich weitgehend verloren gegangen zu sein scheint. Wehrpflicht verweigern - jetzt!
Anonymus
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