: Tanzende Trommeln
■ Das Rhythmus-Ensemble Farafina aus Burkina Faso im Schlachthof
Vor der Bühne der Kesselhalle des Kulturzentrums Schlachthof geschah etwas Unerwartetes. „Hinsetzen“ war lauthals gefordert, wo sonst Punks und Heavy Metal Fans ihrem energiegeladenen Vergnügen nachgehen. Andere (Musik-)Stile, andere Sitten: Die Volksmusik aus West-Afrika rief zunächst wollsockige Möchtegern-Ordner auf den Plan.
Doch so leicht gestaltete sich die Ruhigstellung derer, die am Bühnenrand den Wurzeln ihres Bewegungstriebes nachgehen wollten, nicht. Immerhin hatten acht Herren aus Burkina Faso den Weg nach Bremen gefunden, um dem europäischen Publikum die Wurzeln ihrer Musikkultur vorzustellen. Roots nennt man das heute, damit die Schubladen-Begriffe Weltmusik und World Music ersetzt werden können. Das Kulturzentrum Schlachthof macht daraus eine ganze Reihe, die es mit Farafina eröffnete.
Schon beim Einmarsch der weiß-braun gekleideten Herren („Les costumes sont fabrrrique par nos mamans“) offenbarte sich der Charakter ihrer Musik: Handmade. Verschiedene Trommeln und Schlagwerkzeuge unter den Armen haltend zogen sie hintereinander zu ihren Plätzen und setzten sich im Halbkreis. In der Mitte erstreckten sich zwei längliche Holz -Xylophone, die auf Tonkrügen befestigt waren, sogenannte Balafone, eigenartig hoch
tönende Instrumente. Darüber thronte ein Musiker, der auf zwei Trommeln gleichzeitig spielte - zwischen den Beinen und unter dem Arm. Ob mit der Handfläche geschlagen oder mit einem gebogenen Klöppel bearbeitet, das perkussive Spektakel des Oktetts animierte bald so manches Bein, im Rhythmus mitzuschwingen. Besonders die hell klirrenden Balafon -Sequenzen sorgten dabei immer wieder für melodische Bögen, die sich wie ein weicher Teppich dem Afro-Beat unterlegten.
Der repetitive Eindruck der Ethno-House-Music wurde noch verstärkt durch die Gesangseinlagen im Frage-Antwort-Stil, bei der ein Musiker eine Parole vorgab, die vom Chor kommentiert wurde.
Spätestens als einige Mitglieder der Gruppe Choreographie auf die Bühne brachten, waren die „Hinsetzen„-Rufer in der Minderzahl. Vor und neben der Bühne schlenkerten BremerInnen ihre Körper im Takt, während auf dem Podium ein Endlos -Rhythmus die Tänzer zu immer neuen Schrittkombimationen und Sprüngen antrieb. Doch auch stelzende Bewegungsfolgen, die aus Pflanz-und Ernte-Riten stammen, gehörten zum Repertoire.
Die Spielfreude war den Männern aus dem ehemaligen Ober -Volta anzusehen und dieser Funke sprang immer wieder ins Publikum über. Dabei war es
nicht einmal nötig, die Moderationen und Tanzanleitungen im Original Burkina Faso Dialekt zu verstehen. Nie war den Musikern/Tänzern die Anstrengung anzumerken, die die knapp drei Stunden den Künstlern abforderte.
Zum Ende des Auftritts gewährte Farafina den Tanzwilligen auch das Mitmachen auf der Bühne. So entstand ein großes Trommel-und Hüpf-Happening, das allen Beteiligten das breite Grinsen in die Gesichter trieb. Irgendetwas muß dran sein an den „Wurzeln“. Cool J.F
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