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Der Grüne Knapp ist knapp gescheitert

Petra Kelly ist Direktkandidatin des hessischen Wahlkreises 132 für die Bundestagswahl / Realo Udo Knapp kämpfte auf verlorenem Posten / Sein Lokalpatriotismus reichte nicht hin, um gegen Fulda-Gap und Paragraph-218-Mahnläuten zu protestieren / Basis quittierte Überheblichkeit  ■  Von K.-P. Klingelschmitt

Frankfurt/Dierlos (taz) - Daß knapp daneben auch vorbei ist, mußte jetzt ein maßlos enttäuschter Udo Knapp konstatieren. Nach dreistündigem, hochnotpeinlichem Verhör der angetretenen Kandidaten durch die Parteibasis aus dem Bundestagswahlkreis 132 und nach anschließender Schilderhebung per geheimer Wahl war Udo Knapp entnervt. Denn die fast fünf Dutzend Grünen aus den hessischen Landkreisen Fulda, Vogelsberg und Main-Kinzig wählten am Donnerstag in der „Alten Piesel“ im Rhöndorf Dierlos die bayerische Bundestagsabgeordnete und „Friedenskämpferin“ Petra Kelly zur Direktkandidatin für die Bundestagswahl und verwiesen so den Realpolitiker Knapp und den „alten Zausel“ und Lokalmatador Peter Krahulec nach hinten auf die wertlosen Plätze.

Daß ausgerechnet die Rotationsgegnerin und „Obermoralistin“ (Knapp) Petra Kelly in der Schlußabstimmung (30:27) die Nase vorn hatte, brachte die anwesenden Realos um den Landtagsabgeordneten Fritz Hertle in Rage: Das „grüne Boot“ stehe kurz vor dem Kentern - „und die Parteibasis demonstriert mit der Kürung von Kelly ihre absolute Unfähigkeit, auf diesen Zustand auch nur halbwegs angemessen zu reagieren“ (Hertle). Die Friedensinitiative Osthessen, mit der noch amtierenden hessischen Bundestagsabgeordneten Gertrud Schilling an der Spitze, habe „Frau Kelly“ nur deshalb ins Rennen um die Direktkandiatur geschickt, um den Realpolitikern im allgemeinen und dem als „Oberrealo“ geltenenden Udo Knapp im besonderen ans Bein pinkeln zu können.

Doch Knapp scheiterte in Dierlos nicht primär an der von Hertle diagnostizierten „abgefeimten Strategie“ der Friedensfreunde und Moralapostel aus den Tälern von Rhön und Vogelsberg. Knapp scheiterte vor allem an der unglaublichen Ignoranz, mit der die anwesende Parteibasis auf die politischen Vorstellungen und Entwürfe eines Kandidaten reagierte, der für sich in Anspruch nahm, auch innerhalb der Partei die „Bruchlinien“ markieren zu wollen und dennoch „an die Machbarkeit von Glück“ zu glauben.

Den ehemaligen SDS-Vorsitzenden und Metropolenmenschen Knapp trennten Lichtjahre von den osthessischen Grünen in der Alternativkneipe zur „Alten Piesel“, die - gewandet in Grobgestricktes und Kleinkariertes - jede Konfrontation mit der „großen Politik“ als Affront gegen den mit Hingebung gepflegten Lokalpatriotismus werteten. Udo Knapp war nicht dabei, als man und frau am Eisenberg gegen die Militarisierung kämpfte. Knapp fehlte bei den Protesten gegen das Mahnläuten des finsteren Bischofs von Fulda. Knapp hat keine „Schützengräben“ gegen die Panzer der US-Army im Fulda-Gap ausgehoben - und verwurzelt im Vogelsberg ist er auch nicht: „Nicht die großen Worte zählen, sondern die kleinen Taten“ (Krahulec). Diese „kleinen guten Taten“ hatte Petra Kelly gleich en gros im Angebot: Friedensarbeit an allen „Fronten“, Festnahmen in Mutlangen und anderswo, Hunderte von Einsätzen für die Menschenrechte, der Kampf gegen den Kinderkrebs, „Point Alpha“, Tibet, China - und nicht zuletzt eine „konsequente Frauenpolitik im In- und Ausland“. Dabei hatte sich Kelly anfänglich noch geziert, die ihr von Schilling angetragene Kandidatur überhaupt anzunehmen.

Da sich jedoch keine andere Frau fand, nahm die Frau, die noch heute glaubt, daß die Grünen „vielleicht besser eine Bewegung geblieben“ wären, und die sich für die unbedingte Rotation nach zwei Legislaturperioden ausgesprochen hatte, die Bürde der Kandidatur doch noch auf sich - „im Interesse der Frauen und der Friedensarbeit“. Petra Kelly hatte ihren neuen Wahlkreis im Griff. Und daran änderte auch der „bewußt polemisch gehaltene Einwand“ (Krahulec) des Lokalmatadors Krahulec nichts, der süffisant bemerkte, daß die „Menschen im Fulda-Gap“ nicht darauf warten könnten, bis Petra Kelly den Dalai Lama in Sickels (US-Base) einfliegen lasse. Der Fachhochschulprofessor Krahulec, der hier, so Hertle, als „rechthaberisch“ gilt, bekam im ersten Wahlgang nur zehn Stimmen.

Nach dem „Krimi in Fulda“ - ein Wort des Udo Knapp - ist der Kandidat Knapp jedenfalls „frustriert“, denn ohne Direktmandat wird es schwer sein, im Mai einen aussichtsreichen Listenplatz auf der Hessenliste zur Bundestagswahl zu ergattern. Doch schon gestern keimte neue Hoffnung auf: Im Kreisverband Groß-Gerau gibt es Überlegungen, Knapp ein Dirketmandat anzutragen. Doch Knapp sei hiermit vorgewarnt: Im Kreisverband Groß-Gerau ortete die taz schon vor Jahren „apolitische Zipfelmützen“.

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