: Bald Rückkauf enteigneter Firmen?
■ Gesetzentwurf wird in dieser Woche im Ministerrat beraten
Berlin (dpa) - Die Bürger beider deutscher Staaten sollen die Möglichkeiten erhalten, in der DDR Klein- und Mittelbetriebe zu den gleichen Bedingungen zurückzukaufen, unter denen sie 1972 enteignet worden sind. Dies erklärte der stellvertretende Minister für Leichtindustrie, Klaus Lohße, am Freitag in Ost-Berlin. Lohße bezog sich auf den Gesetzentwurf „zur Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und Unternehmensbeteiligung“, der in dieser Woche dem Ministerrat vorgelegt werden soll.
Nach Angaben von Lohße räumt der Entwurf den früheren Inhabern beziehungsweise Gesellschaftern oder Erben das Recht ein, auf Antrag die Betriebe zurückzuerwerben und die seinerzeit erfolgte Umwandlung in Volkseigentum aufzuheben. Damit werde - vorausgesetzt die Volkskammer stimmt dem Entwurf zu - zahlreichen Forderungen und Anträgen auf Reprivatisierung Rechnung getragen. Wie es heißt, regelt der von einer Kommission erarbeitete Entwurf Gründung und Tätigkeit insbesondere von Klein- und Mittelbetrieben. Die Kapitalbeteiligung von Bürgern an staatlichen Betrieben sei vorgesehen. Mit dem Entwurf werde zugleich eine Regelung zur Umwandlung der in Volkseigentum „übergeleiteten privaten Betriebe, Betriebe mit staatlicher Beteiligung und Produktionsgemeinschaften getroffen“.
Unterdessen hat sich ein „Industrieverband Thüringen e.V.“ gegründet, der seine Aufgabe unter anderem im Schutz der heimischen Industrie vor ausländischen Übernahmen sieht. In ihm haben sich Betriebe mit einer Größe von 70 bis 13.000 Beschäftigten zusammengeschlossen. Der Sprecher des Gründungskommitees Siegfried Petri erklärte, die Organisation verstehe sich auch als Schutzverband gegen den Aufkauf durch westliche Unternehmen. Das bedeute allerdings nicht, daß keine Kooperationen angestrebt würden. Dem Verband gehören bislang 15 Mitglieder, darunter auch das Eisenacher Wartburg-Werk an.
Petri, Direktor im VEB Teguplast Waltershausen, sagte weiter, Ziel sei es, Industrieunternehmen verschiedener Eigentumsformen im künftigen Land Thüringen zu vereinen. Damit solle die Wirtschaftlichkeit der Betriebe erhöht und der Einstieg in eine soziale, ökologisch orientierte Marktwirtschaft beschleunigt werden.
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