: Filmstadt Berlin
■ Nichts häufiger als die Klagen über schlechte Drehbücher. Der Berliner Senat hat endlich Konsequenzen gezogen. Er streicht Gelder für die Ausbildung von Drehbuchautoren. Deren Verband wehrte sich mit diesem Brief.
Sehr geehrte Frau Dr. Martiny,
die Arbeitsgemeinschaft der Drehbuchautoren e.V. hat mit Datum vom 2.2.1990 aus Ihrem Hause einen Zuwendungsbescheid für die Durchführung der Berliner Drehbuchwerkstatt erhalten, der uns alarmiert hat.
In einem dem Text zusätzlich eingefügten Passus wird angekündigt, daß nach Beendigung der vierten Berliner Drehbuchwerkstatt Ende Juli d.J. „weitere Zuwendungen für eine etwa im Jahr 1990 zu beginnende fünfte Drehbuchwerkstatt im Jahre 1990 nicht vorgesehen sind“. (Zitat Seite 1)
Diese Ankündigung steht im Gegensatz zu den Zusagen, die uns von Ihnen am 29.9.89 für die Fortführung des Projektes gegeben worden sind, nämlich, daß die Werkstatt im Berliner Landeshaushalt verankert und ausreichend finanziert wird.
Die Berliner Drehbuchwerkstatt, die zum Modell für andere, seither in der Bundesrepublik entwickelte Drehbuchausbildungsgänge wurde, und die mit ihrer erfolgreichen Arbeit entscheidend zum Ansehen der Filmstadt Berlin beiträgt, arbeitet bereits im vierten Jahr auf einer finanziellen Basis, die auf Selbstausbeutung der am Projekte Beteiligten beruht.
Aus Gründen, die die Arbeitsgemeinschaft der Drehbuchautoren nicht zu vertreten hat, sondern die ausschließlich in Ihrem Hause liegen, konnte die Ausschreibung der vierten Drehbuchwerkstatt erst im August 1989 beginnen. Die Ankündigung, daß 1990 keine fünfte Drehbuchwerkstatt finanziert wird, bedeutet de facto eine Halbierung der jährlich bereitgestellten Geldmittel für dieses ohnehin unterfinanzierte Projekt.
Die Arbeitsgemeinschaft der Drehbuchautoren ist höchst besorgt, daß es über die kontinuierliche Fortführung dieses einmaligen Projekts in Ihrem Hause offenbar keinen Konsens gibt. Wir sind ferner empört über den Umgangsstil, mit dem, ohne mit uns ein Gespräch zu suchen, in einer zweizeiligen Anmerkung Ihrer Verwaltung so weitreichende Entscheidungen, die gegen alle Absprachen stehen, mitgeteilt werden. Würden wir nun dem Zuwendungsbescheid zustimmen, um die restlichen Gelder für die vierte Drehbuchwerkstatt zu erhalten, müßten wir gleichzeitig oben zitierten Passus akzeptieren.
Wir fordern Sie deshalb auf, Ihre Zusage über den Erhalt und Ausbau der Drehbuchwerkstatt einzulösen und in einem Gespräch mit uns innerhalb einer Woche Stellung zu dem Vorgehen Ihrer Verwaltung zu beziehen. Um sicherzugehen, daß nicht weiterhin der Versuch unternommen wird, die Berliner Drehbuchwerkstatt hinterrücks zu demontieren, geben wir diesen Brief vorsorglich der Öffentlichkeit zur Kenntnis.
Mit freundlichen Grüßen
(für den Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Drehbuchautoren e.V.)
Regina Werner, Jochen Brunow
(Auf eine Antwort der Kultursenatorin warten die Briefschreiber noch heute und wir mit ihnen.)
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