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Darf Airbus jetzt Theater sponsern?

Neue GmbH nimmt Arbeit auf / Helmut Schmidt im Aufsichtsrat / Wenn der Jäger 90 abstürzt, „muß Ersatz her“  ■  Aus Hamburg Florian Marten

Fusion sei dank: Statt des düsteren Rüstungskürzels Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB) prangt jetzt das friedliche „Deutsche Airbus GmbH“ (DA) über den norddeutschen Produktionsstätten der ehemaligen Sektion Transport- und Verkehrsflugzeuge von MBB. 18.000 MitarbeiterInnen werkeln in sieben Produktionsstätten am Airbus, dem Kurzstreckenflugzeug Fokker, dem volkschinesisch -westdeutschen Verkehrsflugzeugprojekt MPC 75 und einem Nachfolgemodell für den Militärtransporter Transall.

Eine verschachtelte Firmenkonstruktion: Die Deutsche Airbus ist 80prozentige Tochter von MBB, MBB ist Tochter der Deutschen Aerospace, und erst Aerospace ist direkte Daimler -Tochter.

Durch die Fusion zu kultureller Akzeptanz? Noch heute schmerzt es die DA-Gewaltigen, daß Jürgen Flimm, Chef des Hamburger Thalia-Theaters, 1988 Sponsorengelder des Airbusbauers rundweg ablehnte - MBB habe als Rüstungskonzern ein Negativ-Image. Auch der Hinweis, in Hamburg werde lediglich ziviler Flugzeugbau betrieben, fruchtete nichts. Ob der neue Name bei Flimm für Sinneswandel sorgt? Schließlich schmückt selbst Daimler, dessen Unimogs fröhlich durch Südafrika kurven, als Sponsor seit langem die Produktionen hamburgischer Staatstheater.

Eines anderen Hamburgers Hoffnungen haben sich indes erfüllt: Helmut Schmidt, Altbundeskanzler, der sich in seiner 'Zeit‘ rühmte, vor Jahren zusammen mit der Deutschen Bank den Grundstein für die Großfusion von Daimler-Benz und MBB gelegt zu haben, sitzt im Aufsichtsrat der DA. Den Job bekam er von Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau zugeschustert, der sich heute noch öffentlich als politischer Enkel Helmuts bezeichnet.

Auf der ersten DA-Aufsichtsratssitzung am 9.Februar mischte sich Helmut Schmidt denn auch schon kräftig ein. Zum drohenden Ende des Jäger 90 hielt er einen kleinen politischen Vortrag. Wird nämlich das milliardenteure Kriegsflugzeug nicht gebaut, droht zwischen den süddeutschen MBB-Rüstungsstandorten und den norddeutschen DA -Zivilstandorten Krieg um Fertigungsanteile. Hartmut Mehdorn, Chef der Deutschen Airbus, ist sich allerdings sicher, daß es dazu nicht kommt: Falls der Jäger 90 nicht kommt, „muß es dafür einen Ersatz geben“.

Voller Entsetzen beobachtet dagegen das DA-Management die Sturheit des Airbus-Partners British Aerospace (BAe), dessen Weigerung, die 37-Stunden-Woche einzuführen, seit 16 Wochen die Flügelproduktion des Airbus zum Erliegen brachte - dafür stapeln sich jetzt in Hamburg die Vorräte -, das Airbuskonsortium schon 1,8 Milliarden Dollar Umsatz und über 200 Millionen Dollar Verluste kostete. Mehrdorn: „Da geht es ums Prinzip.“ Das DA-Management, in der BRD gerade mit der IG Metall im Streit um die 35-Stunden-Woche, hält überhaupt nichts von dieser Prinzipienreiterei. Allein, es fehlt an wirksamen Sanktionsmechanismen gegenüber dem britischen Partner (siehe taz vom 17.2.).

Helmut Schmidt am 9.Februar im Aufsichtsrat der Deutschen Airbus ganz erbost: Hinter der harten Haltung von BAe stecke doch Maggie Thatcher. Ohne den Streik und mit Jäger 90 oder gleichwertigem Ersatz könnte die DA erwartungsvoll in die Zukunft blicken: Volle Auftragsbücher ermöglichen eine Verdoppelung der Kapazität bis zum Jahr 1995, die vor allem für Rationalisierungen genutzt werden sollen. 1995, so hoffen die Finanzgewaltigen der Deutschen Airbus, könnte ein Gutteil der alten Verluste abgebaut sein.

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