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Gewalt herrscht, wo der Mann dominiert

■ EKD-Veranstaltung über „Gewalt in der Familie“ prangert sexuellen Mißbrauch von Mädchen und Gewalt gegen Kinder und Frauen an / Flächendeckendes Netz von Beratungsstellen gefordert

Bonn (dpa) - Stärkeren Schutz von Kindern und Frauen vor Gewalt in Familien haben Experten jetzt auf einer dreitägigen Tagung in Bonn gefordert. Die Anzahl sexuell mißhandelter Kinder in der BRD wird offiziell auf 150.000 bis 300.000 geschätzt, berichteten Wissenschaftler auf der Veranstaltung „Gewalt in der Familie“ des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die am Mittwoch endete. Bekannt wird jedoch nur die Spitze des Eisbergs. So registrierte das BKA 1988 „nur“ 13.179 Sexualdelikte an Kindern.

Häufig stammen die Täter, fast ausschließlich Männer, aus der eigenen Familie. Zu 85 Prozent sind die Opfer Mädchen. Besonders dramatisch ist, wenn Berichte über Mißhandlungen als Phantasiegeschichten abgetan werden. „Viele Mädchen haben vom Mißbrauch erzählt, aber ihnen wurde nicht geglaubt“, kritisierte Ingrid Kellermann-Klein von „Kobra“, einer evangelischen Beratungsstelle für sexuell mißbrauchte Mädchen in Stuttgart. Die mißhandelten Kinder werden von Müttern, die Verdacht geschöpft haben, oder SozialarbeiterInnen in die Beratungsstellen gebracht. Junge Frauen kommen in vielen Fällen auch allein.

Sexuelle Gewalt ist jedoch nur eine von vielen Erscheinungsformen familiärer Gewalt. Bei einer Umfrage in der Bundesrepublik stimmten immerhin 45 Prozent der befragten Eltern der Prügelstrafe zu. „Am meisten Gewalt tritt dort auf, wo der Mann Hauptentscheidungsträger ist“, sagte Markefka. Als wahrscheinliche Ursachen der Mißhandlungen nennen betroffene Frauen zumeist Eifersucht und Besitzdenken des Mannes, Probleme im Beruf sowie Gewalterfahrung in der Kindheit.

Die Fachleute fordern ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen und Frauenhäusern. Die vorhandenen Einrichtungen könnten den Ansturm kaum bewältigen und seien finanziell nur unzureichend abgesichert.

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