: Neu im Kino: „Herzlich Willkommen“ von Hark Bohm
■ Kino als Familienangelegenheit
Seit er 1972 „Tschetan der Indianerjunge“ mit seinem Adoptivsohn drehte, kann man fast jedes Jahr in den Filmen von Hark Bohm sehen, wie es um seine Familie steht. Er selber sieht jetzt noch verknitterter aus, sein Sohn Uwe ist erwachsen geworden und die Familie größer, denn auch der sechsjährige David Bohm spielt in „Herzlich Willkommen“ mit; und der Knirps mit den Segelohren stiehlt seiner Verwandtschaft in vielen Szenen die Show.
In Bohms besseren Filmen kommt aber zu diesem Familienkino immer auch ein sehr starkes Element von außen hinzu - in „Yasemin“ etwa die türkische Familie mit ihren Problemen und leider fehlt solch ein Gegenpol in seinem neuen Film, und so kommt jede Szene ein wenig zu behäbig und routiniert daher.
Uwe Bohm spielt einen DDR-Flüchtling in den fünfziger Jahren, der als Praktikant in einem Erziehungsheim mit seinen sexuellen Energien, den muffigen Regeln deutscher Anstalten und kräftigen Halbstarken zu kämpfen hat. Hark Bohm ist der (manchmal etwas klischeehaft gespielte) Nazi -Direktor und David Bohm ein Waisenkind, das den Praktikanten als seinen neuen Vater auserkoren hat. Ein bißchen Salz im Eintopf auf dem Familientisch ist Barbara Auer als die junge Erzieherin - das Objekt der Begierde des Praktikanten. Sie ist so schön, daß Bohm in den Szenen mit ihr kaum etwas falsch machen konnte.
Aber Bohm macht ja auch keine Fehler, er ist ein solider Handwerker und wirklich langweilig oder peinlich ist es nie in seinen Filmen.
Viele kleine Spannungsbögen, Emotionen und ein Happy End. Das ist sehr konventionell inszeniert auch für Hark Bohm, der sich ja nie als innovativer Filmemacher verstanden hat.
Die Vorlage zum Film schrieb Walter Kempowski, und dessen Romane sind ja auch immer etwas oberlehrerhaft und dröge. Vielleicht hat Bohm einfach Kempowskis Ton zu gut getroffen. Wilfried Hippe
Filmstudio 15.30, 18.00, 20.30
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen