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Angriff auf Fähre vor Libanon

Identität des Angreifers umstritten / Ein Toter und 20 Verletzte / Syrisches Patrouillenboot unter Verdacht / General der christlichen Miliz, Aoun, könnte auch dahinterstecken / Fährverkehr in den Libanon eingestellt  ■  Aus Nikosia Klaus Hillenbrandt

Mit Dutzenden von Einschußlöchern in Rumpf und Aufbauten kehrte am Samstag nachmittag die Fähre „Baroness M“ vorzeitig ins zypriotische Larnaka zurück. Kabinen und Aufenthaltsräume sind teilweise völlig verwüstet, ein libanesischer Passagier ist tot, und 20 sind verletzt. Die „Baroness M“ war am frühen Samstag morgen auf dem Weg zu dem von christlichen Milizen gehaltenen, libanesischen Hafen Dschunije von einem Kriegsschiff attackiert worden. Die Angreifer feuerten etwa 30 Kilometer vor der libanesischen Küste mit Maschinengewehren auf die Fähre, auch dann noch, als diese bereits in Richtung Larnaka umgekehrt war. Zypriotische Hubschrauber sowie Flugzeuge des britischen Stützpunktes auf Zypern bargen die Verletzten und flogen sie ins Krankenhaus aus. Die meisten von ihnen erlitten Verbrennungen und Schnittwunden an den Beinen. Die „Baroness M“ konnte nach Bergung der Verletzten mit eigener Kraft den Heimathafen Larnaka erreichen.

Über die Identität des Angreifers gab es auch gestern noch keine Klarheit. Der Kapitän der Fähre hatte in einem Bericht an Lloyds in London von einem syrischen Kriegsschiff gesprochen. Die zypriotischen Hafenbehörden erklärten dagegen später, sie hätten das Schiff nicht identifizieren können. Ein Passagier meinte, der Angreifer sei ohne Hoheitszeichen unterwegs gewesen. Syrien hat zu den Berichten bisher nicht Stellung genommen.

Zwar hat Damaskus im April letzten Jahres im Zuge der Blockade der christlich-libanesischen Häfen zwei Tanker zerstört. Mehr Sinn in der derzeitigen Situation würde der Angriff auf die Fähre aber durch die Milizen des Möchtegern -Präsidenten Michel Aoun machen. Dschunije, das Ziel der „Baroness M“, wird von den „Libanesischen Streitkräften“ (FL) des Aoun-Widersachers Samir Geagea gehalten. In den Kämpfen der letzten drei Wochen sind bereits weit mehr als 700 Menschen ums Leben gekommen.

Der Fährdienst von Dschunije nach Zypern war die letzte Möglichkeit, vom christlichen Ostbeirut aus das Land zu verlassen. Der Flughafen der libanesischen Metropole befindet sich auf moslemischem Gebiet im Westteil der Stadt. Mit der Einstellung des Fährbetriebs, denn nach der Attacke auf die „Baroness M“ blieb auch deren Schwesterschiff „Sunny Belt“ im Hafen von Larnaka, ist die Bevölkerung Ostbeiruts praktisch eingeschlossen.

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