Private Konkurrenz bei der Müllabfuhr?

■ Diskussion über Müllrecycling: Alba-Chef Schweitzer pries sich AL-Politikern als Retter aus der Müllkrise an / Konkurrenz zwischen BSR und Privatfirmen sei ein „spannendes Thema“, applaudierte Staatssekretär Groth

Der AL-Abgeordnete Berger fand es regelrecht schade: Ausgerechnet ein Privatunternehmer war es, der vielerlei Auswege aus der Müllkrise anbot, als am Mittwoch abend auf Einladung der grünen Regierungspartei über Möglichkeiten des Recyclings von Hausmüll diskutiert wurde. Während der Chef der Berliner Stadtreinigung (BSR), Georg Fischer, an neuen Projekten der AL-Umweltsenatorin Schreyer stets ihre schwierige Umsetzbarkeit hervorhob, bot Franz Schweitzer, Chef der privaten Müllfirma Alba, den Alternativpolitikern allerlei ganz konkrete Alternativen.

Die seien dringend nötig, mahnte AL-Umweltstaatssekretär Groth. Während der Sondermüll der Westberliner Industrie jetzt schon im Notstand steckt, droht nämlich auch beim Abkippen des alltäglichen Hausmülls spätestens 1994 der Infarkt. Dann laufen die Verträge mit den DDR-Deponien aus; und beim Neubau von Müll- und Verbrennungsanlagen sei nun auch in der DDR mit Protesten zu rechnen.

Schweitzer hat diese Zeichen der Zeit erkannt. „Greenpeace“ und „Robin Wood“ ließ er die Extramülltonnen seiner Firma für Papier und Glas nennen und als Farben wählte er grün und rot. Zur Zeit sei er dabei, eigene Tonnen für Kunststoffmüll aufzustellen, begann der umtriebige Alba-Chef die Aufzählung. Außerdem will Schweitzer Speiseabfälle aus Großküchen und Restaurants einsammeln. Abnehmer für Plaste und Speisereste hat Schweitzer schon gefunden - in der DDR. Und kurz vor dem Bau stünde eine Sortieranlage für Gewerbemüll in der Reinickendorfer Flottenstraße. Sie soll Papier und Pappe, Kunststoff, Holz und Metalle aus aus dem Müll herausfischen, damit diese Stoffe wiederverwertet werden können und nicht verbrannt werden müssen.

Kein Wunder, daß Staatssekretär Groth sogleich das „spannende Thema“ diskutieren wollte, ob für die Müllabfuhr wirklich das gewohnte Monopol der BSR die beste Lösung sei, oder ob „Konkurrenz“ nicht auch in die Abfallwirtschaft frischen Wind bringen könnte. „Leuchtende Augen“ bekam Schweitzer angesichts dieser Offerte. AL-Mann Berger, der in Kommunalbetrieben wie der BSR „im Prinzip immer noch Vorteile“ gegenüber einem Privatunternehmen sehen wollte, mußte erleben, wie der neben ihm sitzende BSR-Chef Fischer immer kleiner wurde.

Man dürfe der BSR „nicht die Basis ihres Wirtschaftslebens entziehen“, bat Fischer das Publikum um Mitleid. Von der kostenlosen Hausmüllabfuhr bis zur unentgeltlichen Entgiftung verbrauchter Leuchtstoffröhren und Kühlschränke erledige die Berliner Stadtreinigung Aufgaben, die sonst „keiner“ übernehme.

Doch während Schweitzer vollmundig versprach, er wolle „in der Bevölkerung Begeisterung für Recycling“ wecken, strahlte Fischer keine Euphorie, sondern in erster Linie Skepsis aus. Ein „ganz hohes Ziel“ sei die von Schreyer angepeilte Steigerung der Recyclingmenge von jetzt 60.000 auf 270.000 Tonnen. Diese Quote von 30 bis 35 Prozent des Hausmülls sei bundesweit „nie erreicht“ worden, erst recht nicht in einer Großstadt.

„Voller Unsicherheiten, ob die Bürger mitspielen“, war Fischer auch angesichts der Biomülltonne, die ab Mai probeweise in einigen Bezirken neben Glas- und Papiertonnen aufgestellt werden soll. Schmeissen die Bürger nämlich den falschen Müll in die grüne Tonne, ist der Kompost vergiftet, der aus den organischen Abfällen entstehen soll. Der Verkauf des Komposts sei seit der Grenzöffnung allerdings kein Problem; mehrere LPGs in der DDR hätten Interesse. „Wir könnten sofort an diese Unternehmen liefern“, versicherte Fischer.

Ein neues Projekt hatte alerdings auch der BSR-Manager in der Tasche: Im Herbst soll eine Wiegeanlage erprobt werden, mit der die Müllkutscher gleich vor der Haustür bei der Leerung das Gewicht des Mülls in der Tonne ermitteln können. Die Gebühren für die Müllabfuhr würden dann nach dem Gewicht berechnet. Das wäre doch endlich mal ein echter Anreiz zur Müllvermeidung, meint Fischer.

Hmt