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Ortega und Chamorro für Waffenstillstand

Während der abgewählte Präsident Nicaraguas und seine Nachfolgerin eine friedliche Regierungsübergabe anstreben, brodelt es in beiden Lagern an der Basis / Contra lehnt die von allen Seiten geforderte Entwaffnung weiter ab / Chamorro: Nicaragua soll blockfrei bleiben  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega hat am Mittwoch den sofortigen Verzicht der sandinistischen Armee auf militärische Offensivaktionen angeordnet, der die Demobilisierung der Contra fördern soll. Violeta Chamorro antwortete darauf mit einem Aufruf zur Entwaffnung der Konterrevolutionäre, „denn der Krieg hat jetzt seinen Sinn verloren“. Seitdem der abgewählte Präsident seiner Nachfolgerin die ordnungsgemäße Machtübergabe zugesichert hat, scheint für die beiden politischen Führer einer friedlichen Übergangsphase in Nicaragua nichts mehr im Wege zu stehen. Die Contra hat jedoch eine sofortige Entwaffnung abgelehnt. Die Appelle der USA, jetzt die Waffen zu strecken, stießen bislang auf Ablehnung.

Und auch an der Basis der Parteien brodelt es. Violeta Chamorro zeigte sich am Mittwoch besorgt über die sandinistischen Radios, die Aufrufe zur Gegenwehr ausstrahlten. Opfer der Gewalt auf den Straßen wurden allerdings bisher vorwiegend sandinistische Funktionäre und Aktivisten. Mehrere FSLN-Anhänger wurden durch Steinwürfe verletzt oder gar mit Schußwaffen bedroht, ein Polizist ist Dienstag ermordet worden. In den FSLN-Basiskomitees kursiert bereits die Rede von „Uno-Todesschwadronen“, die jetzt eine Hexenjagd auf Anhänger des abgewählten Regimes inszenieren wollten.

In einer gemischten Kommission werden der Schwiegersohn und Wahlkampfleiter der Siegerin, Antonio Lacayo, und der noch amtierende Verteidigungsminister General Humberto Ortega alle Maßnahmen aushandeln, die bis zur Regierungsübergabe am 25. April getroffen werden müssen. Außenpolitisch verpflichtete sich die künftige Präsidentin zur Kontinuität. Sie bekannte sich zu den Abkommen der Präsidentengipfel und erklärte, daß Nicaragua auch unter ihrer Präsidentschaft in der Bewegung der Blockfreien verbleiben solle - ein Entschluß, der innerhalb der Uno heiß umstritten ist. Frau Chamorro hofft auch auf gute Beziehungen zur Sowjetunion und hat sich zusichern lassen, daß die Lieferverpflichtungen erfüllt würden. Die UdSSR, die fast 50 Prozent des nicaraguanischen Erdölbedarfs liefert, steht zu ihren Zusagen. Ein sowjetischer Experte bezweifelte allerdings, daß die Öltanker Nicaragua auch nächstes Jahr noch anlaufen werden.

Francisco Mayorga, der wichtigste Wirtschaftsberater der künftigen Präsidentin, braucht für sein Wirtschaftsprogramm mindestens 300 Millionen Dollar an flüssigen Devisen. Er will unmittelbar nach der Amtsübernahme den derzeit zirkulierenden neuen Cordoba durch einen Gold-Cordoba ersetzen, dessen Parität zum Dollar für mehrere Jahre garantiert werden soll. Unabhängige Ökonomen bezweifeln allerdings die Seriosität dieses Vorhabens, zumal Mayorga gleichzeitig die Löhne anheben und die Steuern senken will. Die Sandinisten waren bereits stolz auf ihren Erfolg, die Inflationsrate von über 30.000 Prozent 1988 auf knapp unter 2.000 Prozent im Vorjahr gedrosselt zu haben. Mayorga versprach nun, die Inflation innerhalb von drei Monaten zu beseitigen. Liberalisierung und Privatisierungen von Staatsbetrieben sollen die Wirtschaft beleben und ausländische Investitionen anlocken.

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