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Energie-Konsens ante portas

■ Meyer-Abich: Klimakatastrophe contra Atomausstieg

Ursprünglich sollte der ehemalige Hamburger Wissenschaftssenator Prof. Klaus-Michael Meyer-Abich auf der Kieler Atomrechtstagung über die ökologischen Rahmenbedingungen der Energiepolitik reden. Was Meyer-Abich, derzeit Mitglied der Enquete-Kommission des Bundestags, zum Schutz der Erdatmosphäre dann jedoch zu erzählen hatte, verschlug den Atomenergie-kritischen Zuhörern fast den Atem. Noch etwas verhalten, aber in der Tendenz eindeutig, vertrat der Physiker, daß der Ausstieg aus der Atomenergie im Lichte der Kohlendioxid-Problematik neu bewertet werden müsse. Ein Sofortausstieg aus der Atomenergie käme überhaupt nicht mehr in Betracht - wegen der Kohlendioxid-Emissionen als Ursache für die drohende Klima-Katastrophe.

Meyer-Abich stützte sich auf Szenarios, die vor wenigen Tagen von der Enquete-Kommission aufgestellt wurden und für die sich ein Konsens abzeichne. Danach soll bis zum Jahr 2005 der CO2-Ausstoß um 30 Prozent, das sind 200 Millionen Tonnen pro Jahr, verringert werden. Diese 30 Prozent sollen mit 19 Prozent aus Energieeinsparungen und 4 Prozent aus dem Verkehr stammen, weitere 4 Prozent aus dem Einsatz regenerativer Energien und 2 Prozent aus einem zusätzlichen Einsatz von Atomenergie.

Sein neues Paradigma formulierte Meyer-Abich so: „Wir dürfen uns einer national eingegangenen und von uns gemeinsam zu verantwortenden Gefahr Atomenergie nicht dadurch entziehen, indem wir andere Länder einer anderen Gefahr, der Klimagefahr, aussetzen.“ Mit dieser Position zeichnet sich in der Enquete-Kommission des Bundestages das ab, was von rechts als sogenannter neuer energiepolitischer Konsens eingefordert wird - Bestandsschutz für die Atomenergie inklusive. Dies ist die Schlußfolgerung des Vorsitzenden der Enquete-Kommission, des CDU-Abgeordneten Bernd Schmidbauer, der so klug war, die Atomenergie nicht vehement als Retterin der Erdatmosphäre ins Feld zu führen. In moderatem Ton verlangte er verstärkte Anstrengungen beim Energiesparen und der Nutzung regenerativer Energien. Im Gegenzug soll der Atomenergie ein gesichertes Dasein in der Co2-Nische beschert werden.

Für die SPD stellt sich verschärft die Frage, ob sie auf diesen „Konsens“ eingeht oder ob sie an die energiepolitische Diskussion der letzten Jahre anknüpft, in der die Atomenergie stets als Haupthemmnis für einen positiven Strukturwandel in der bundesdeutschen Energieversorgung dargestellt wurde. Sollte sie sich für den Konsens entscheiden, so wäre der Zehn-Jahres -Ausstiegsbeschluß von Nürnberg endgültig Makulatur.

Holger Relda

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