: Ausländer kriminalisiert
■ Geplantes Ausländergesetz behindert Ausländerbeauftragte / Bundeskonferenz plädiert für ein „sicheres Bleiberecht“
Hannover (taz) - „Kriminalisiert und erheblich in ihrer Arbeit behindert“ sehen sich die bundesdeutschen Ausländerbeauftragten durch das neue Ausländerrecht. Die Konferenz der Ausländerbeauftragten von Bund, Ländern und Gemeinden hat gestern in Hannover „dringend“ eine Änderung des Entwurfs zum neuen Ausländergesetz gefordert. Die Beauftragten lehnten besonders die im Entwurf vorgesehene Verplichtung ab, „Verstöße gegen das Ausländerrecht den zu ständigen Ausländerbehörden zu melden“.
Die „Verpflichtung zur Weitergabe von Daten zerstört das Vertrauen zwischen der ausländischen Bevölkerung und den sie beratenden öffentlichen Stellen“, heißt es in einer Erklärung der Bundeskonferenz. Durch die neue Vorschrift werde die Arbeit der Ausländerbeauftragten „kriminalisiert, falls (sie) humanen Ansprüchen nachkommen und Informationen nicht weiter(ge)geben“ werden. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift könne Disziplinarmaßnahmen oder auch die Verhängung eines Bußgeldes nach sich ziehen, sagte gestern in Hannover die niedersächsische Ausländerbeauftragte Gabriele Erpenbeck, die Gastgeberin der Bundeskonferenz war. Selbst wenn ein Asylbewerber das ihm zugewiesene Aufenthaltsgebiet verlasse, um sich von einer Ausländerbeauftragten beraten zu lassen, sei das in Zukunft schon meldepflichtig.
Die Konferenz, zu der mit 55 fast alle bundesdeutschen Ausländerbeauftragten angereist waren, vermißte im neuen Ausländergesetz „die erforderliche Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die ausländische Bevölkerung“. Vor allem müsse Ausländern „nach langjährigem Aufenthalt ein sicheres Bleiberecht ohne jegliche erschwerende Bedingungen gewährt werden“. Eine Aufenthaltsberechtigung, wie man sie in der BRD nach acht Jahren erwerben könne, biete diesen sicheren Schutz vor Ausweisung nicht, sagte Frau Erpenbeck.
Rechtssicherheit für die seit vielen Jahren in der Bundesrepublik lebenden Ausländer ist nach Auffassung der Ausländerbeauftrageten gerade jetzt besonders wichtig, „da die Gesellschaft durch die vielen Aus- und Übersiedler in Bewegung geraten ist“. In dieser Situation dürften die ausländischen MitbürgerInnen nicht „an den Rand des sozialen Spektrums gedrängt werden“.
Jürgen Voges
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