: Bonn plant Abgassteuer für Autos
■ Abgase und Lärm werden Bemessungsgrundlage für die Kfz-Steuer und nicht mehr der Hubraum / Einführung Anfang 1993 geplant / Einwände gegen „Lärmsteuer“ / Scharfe SPD-Kritik
Bonn März (afp) - Die Bundesregierung plant anstelle der jetzigen Kraftfahrzeugsteuer eine Abgassteuer, die nach den Vorstellungen des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesumweltministeriums, Martin Grüner, Anfang 1993 in Kraft treten soll. Für die Bemessung dieser Steuer würden alle Schadstoffe in den Autoabgasen herangezogen, erklärte Grüner der 'Neuen Osnabrücker Zeitung‘. Hinzu komme eine besondere Erfassung des Anfalls von Kohlendioxid, der am Kraftstoffverbrauch gemessen werde.
Drittes wesentliches Kriterium sei der Lärm des Autos. Die Steuerhöhe werde unter Berücksichtigung dieser drei Hauptfaktoren vom Kraftfahrtbundesamt festgelegt und sei also schon vor dem Kauf des Fahrzeugs bekannt. Vorbehalte gegen eine „Lärmsteuer“ kamen umgehend von FDP und CDU, die SPD wies den Vorschlag als „umweltpolitisch“ falsch zurück. Ziel sei es, durch eine Begünstigung beim Autokäufer den Bau abgasarmer Fahrzeuge zu fördern, sagte Grüner. Er rechne mit einem „starken Schub“ bei der Forschung nach optimalen umweltverträglichen Motoren. Es werde zwangsläufig zu einem echten Konkurrenzkampf unter den Produzenten von Benzin- und Dieselmotoren kommen. Diese Motoren müßten sich aber auch gegen neue Antriebsaggregate behaupten, die weniger Kohlendioxid ausstießen und ein wichtiges Plus bei der Festlegung der Steuer bedeuteten. Grüner wandte sich gegen Befürchtungen, durch diesen Plan solle auf „kaltem Wege“ die jetzige Kfz-Steuer erhöht werden.
Bonn wolle vielmehr eine aufkommensneutrale Gestaltung der Abgassteuer. Sobald Schlüssigkeit und Handhabung des Konzepts „festgeklopft“ worden seien, werde es bei der EG vorgelegt. Der bayerische FDP-Landesvorsitzende Josef Grünbeck sagte, eine Steuer nach Schadstoffausstoß sei ökologisch unbedingt sinnvoll, aber eine „Lärmsteuer“ sei technisch gar nicht realisierbar, weil eine Kontrolle nicht möglich sei. Denn Reifen, Straßenbelag, Geschwindigkeit oder Motorengeräusch wären einzukalkulieren.
Scharfe Kritik äußerte dagegen die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ingrid Matthäus-Maier: „Der Vorschlag ist umweltpolitisch falsch und schrecklich bürokratisch.“ Wenn die SPD die Bundestagswahl gewinne, werde sie einen besseren Weg gehen: Katalysator für alle Autos und die jetzige Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer umlegen. Dann würden die Autofirmen sparsamere Autos bauen, es werde weniger Benzin verbraucht. Das helfe der Umwelt wirklich. Gegen das Lärmproblem müsse man leisere Motoren vorschreiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen