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Amnestie als Freibrief für Korruption

Die sandinistische Parlamentsmehrheit nutzt die letzten Wochen vor dem Regierungswechsel und verabschiedet ein Amnestiegesetz für Vergehen gegen die öffentliche Ordnung, Korruption eingeschlossen  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Nicaraguas Parlament, das bis zur Amtsübergabe von Präsident Ortega in sechs Wochen noch in alter Zusammensetzung tagt, hat mit der alten sandinistischen Mehrheit ein Amnestiegesetz verabschiedet. Wohl unter dem Druck seiner eigenen Partei gab der Präsident im voraus seinen Segen zu dem umstrittenen Projekt, das alle Fälle von „Vergehen gegen die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit des Staates“, in denen noch kein Verfahren eingeleitet ist, von der Strafverfolgung ausgenimmt. Neben Contras und Deserteuren schützt es vor allem öffentliche Angestellte, deren Korruption bisher noch nicht publik gemacht worden ist.

Parlamentspräsident Carlos Nunez (FSLN) schärfte den Abgeordneten ein, man müsse einer „Hexenjagd“ vorbeugen, die die neue Regierung gegen Funktionäre der alten veranstalten wolle. Mitglieder der siegreichen Uno hätten lange genug davon gesprochen, daß sie den Sandinisten „die Rechnung präsentieren“ wollten. „Das heißt nichts anderes als Rache üben“, erklärte der Abgeordnete Rogelio Ramirez, einer der entschlossensten Verfechter des Projekts.

Was die Vertreter der kleinen Oppositionsparteien am meisten erregte, war die Ausweitung des Geltungszeitraumes. Die Sandinisten hatten sich schon vor der Debatte der Stimmen einiger Vertreter der Konservativ-Demokratischen (PDCN) und der Unabhängig-Liberalen Partei (PLI) versichert. Allerdings erstreckte sich die ursprüngliche Version nur auf Straftaten, die bis zum Wahltag, dem 25. Februar, begangen worden waren. Nach der im Plenum diskutierten Fassung sollen nun Verbrechen, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes verübt werden, straffrei bleiben.

Damit gibt die sandinistische Regierung unverblümt zu, daß seit dem Wahltag zahlreiche Funktionäre versuchen, noch schnell ihre Schäflein ins Trockene zu bringen. Wer sich noch nicht bedient hat, wird noch einige Tage Zeit haben. Denn das Gesetz kann erst in Kraft treten, wenn Daniel Ortega von seiner Reise nach Chile und Brasilien zurückkehrt und das Projekt ratifiziert.

Darüber entrüstete sich auch Carlos Tünnermann, der ehemalige Botschafter in Washington, der sich schließlich als einziger Abgeordneter der sandinistischen Fraktion der Stimme enthielt. „Was hier passiert, widerspricht Daniel Ortegas Versprechen einer geordneten Amtsübergabe“, grollte Edwin Illescas von der PDCN.

Als das Projekt zur Abstimmung kam, befanden sich nurmehr 66 von 96 Abgeordneten im Parlament. Denn die meisten Oppositionellen hatten nach ihrer Stellungnahme demonstrativ den Saal verlassen. Darunter auch Carlos Cuadra von der linken MAP-ML. „Wovor habt ihr Angst?“ fragte er die Sandinisten: „Statt Selbstkritik zu üben, wollt ihr eure Fehler zudecken und sagen, das Volk hätte sich geirrt?“ UNO contra Contra

Managua (ap) - UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar hat einen Einsatz von UNO-Truppen bei der Entwaffnung der Contra -Rebellen in Nicaragua angeregt. Der Vorschlag wird derzeit im Sicherheitsrat diskutiert. Derzeit besteht die Mittelamerika-Truppe der Vereinten Nationen (ONUCA) aus 256 Mann.

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