: Ein Landeplatz für den Frittenkönig
■ Mitten im Tieffluggebiet darf Kartoffelbauer Hubschrauberplatz bauen / Segelflieger gucken in die Röhre
„Zeit ist Geld“ im fast-food-Ge schäft. Und deswegen sollen sie demnächst fliegen, die Manager des Fritten-Imperiums Stöver. Der Agrarindustrielle Reinhold Stöver aus Aldrup bei Wildeshausen, der mit seiner verschachtelten Firmengruppe den deutschen und europäischen Pommes-Markt mitbeherrscht, möchte sich neben seinen Betrieb einen Hubschrauberlandeplatz bauen. Und er wird es wohl auch. Das Raumordnungsverfahren des Landkreises Oldenburg, in dem auch die massiven Einwände und Befürchtungen von AnwohnerInnen und UmweltschützerInnen berücksichtigt werden mußten, fiel zu seinen Gunsten aus.
Der CDU-Politiker Stöver ist ein wichtiger Mann in der Region. Als größter Arbeitgeber ist er nicht nur Vorsitzender des städtischen Haushaltsausschusses, er sitzt auch im Umweltausschuß des Kreistages. Nach der Genehmigung durch den Landkreis steht jetzt noch die flugverkehrstechnische Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems aus. Diese könnte als zuständige Aufsichtsbehörde auch die Einwände nochmals überprüfen, denn die Befürchtungen der LandeplatzgegnerInnen sind längst nicht ausgeräumt. Zwar hat Stöver wöchentlich nur fünf An-und Abflüge beantragt, Joachim Musch, Rechtsanwalt und für die
Grünen ebenfalls im Umweltausschuß des Kreistags, befürchtet aber Schlimmeres: „Vermutungen gehen dahin, daß dieser Hubschrauberlandeplatz dazu dienen kann, daß mit Hubschraubern auch eine landwirtschaftliche Betriebsweise, zum Beispiel Spritzen auf den Kartoffeläckern ring um das Betriebsgelände durchgeführt werden kann.“
Vielen GegnerInnen erscheint die beantragte Minimalauslastung des Platzes als seltsam unwirtschaftlich. Dazu der Grüne Musch:“ Das Problem das wir dabei sehen ist, daß, wenn erstmal eine Genehmigung vorliegt, mit der Zeit dann auch weitere Genehmigungen beantragt werden können, und die ganze Sache sich von ihren Ausmaßen her vergrößern wird.“ Stöver selbst zieht es vor, sich öffentlich nicht zu äußern, solange das Genehmigungsverfahren bei der Bezirksregierung läuft. Diese ließ verlauten, daß sie die größten Bedenken in der Flugsicherheit sieht. Denn das Gebiet um Wildeshausen ist Tieffluggebiet. In 75 Meter Höhe jagen die Jets der Luftwaffe über die Felder. Da könnte ein Hubschrauber schon mal stören.
Viel schlechtere Karten hat ein nur wenige Kilometer entfernt geplanter Segelflugplatz, obwohl auch hier bereits im Raumordnungsverfahren massive Beschwerden vom Tisch gefegt wur
den. Der Knackpunkt: ausgerechnet direkt neben dem „Pestruper Gräberfeld“, einer 40 Hektar großen und mit 500 Grabhügeln aus der Bronzezeit einzigartigen Anlage in ganz Nordeuropa, sollen die Segelflieger Quartier beziehen. Und das, obwohl neueste Infrarotaufnahmen zeigen, daß weitere Grabstätten bis auf das Segelfluggelände reichen könnten. Diese Einwände will die Bezirksregierung nochmals überprüfen.
Die Flugplatzgegner befürchten darüber hinaus wie bei Stöver eine schleichende Ausweitung durch die Hintertür: „Wir haben ähnlich Konflikte hier in der Region Ganderkesee gehabt, wo ein kleiner Flugplatz ist,“ berichtet Joachim Musch. Dort sind „mit der Zeit dann Fallschirmspringer und Ultraleichtflugzeuge dazuge
kommen und die Genehmigungen sind Stück für Stück ausgebaut worden.“
Das weist Frank Ebinger vom Luftfahrtverein Wildeshausen als „unsachliche Unterstellungen“ zurück. Er hat bereits aus eigener Tasche die 13 Hektar Fläche gekauft bzw. gepachtet. Der Freund des laut- und drecklosen Fliegens gibt sich erstaunt über die „sogenannten Umweltschützer“. Denn der Segelflugplatz, meint er, bringe das Gegenteil von ökologischer Belastung. Der Landschaftscharakter des Gebietes würde sich verbessern, denn wo bis jetzt Güllefelder stinken, würde der Landwirtschaft diese Flächen entzogen und zu Ruhezonen für das Wild umfunktioniert. Und die Archäologen könnten jederzeit graben, wenn sie möchten.
Achim Könneke
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