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„Deutschland„- Politik

(...) Ich finde euern wirklich reaktionären Opportunismus, der auch Kampf um Platz in der „freien“ Marktwirtschaft genannt werden kann, nicht nur politisch, sondern auch moralisch wirklich schlimm. So Absätze wie der von Vera Gaserow (taz 26.2.90 zu Bärbel Bohley) über das „Versagen“ und den jahrzehntelangen geübten „Opportunismus“ der Menschen in der DDR, implizieren permanent, weil sie nicht nur von ihr gemacht werden, das „Nicht-Versagen“ und den „Nicht-Opportunismus“ dermaßen in der BRD. Wenn Nichtversagen die Teilnahme an stumpfsinniger Massenverdummung, manipulierter Verklebung der Sinne, der damit verbundenen stillen Duldung und somit objektiver Beteiligung an der millionenfachen Massenvernichtung von Menschen im Trikont, mittels imperialistischer Ausbeutung bedeutet, so stellt sich unmittelbar die Frage, haben die versagt, deren Ökonomie sich nicht an globalem Elend und Tod gesundstößt, oder die anderen, die ihre Vereinzelung hellau -brüllend in Massenbesäufnissen ertränken?

Es stellt sich nicht die Frage, ob die als die angeblich dümmsten denunzierten Kälber ihren Schlachter selber wählen, das tun nämlich die fettesten Fleischverkäufer, die je nach dem wie die Bilanzkurven stehen, sich selbst plötzlich als Schweinswürste in irgendwelchen Billigmärkten finden. Und dazu gehören alle die, die zwar von den globalen Zusammenhängen wissen, „linksalternativ“ zwar etwas humanere FleischverkäuferInnen sind, aber mit ihrem marktgerecht aufbereiteten Positionen, dem Elend nichts Tatsächliches entgegensetzen - im Gegenteil.

Nur noch ein Beispiel: Jeder deutschnationale Pfurz in der DDR findet bei Euch fast 'ne Doppelseite, und nicht einfach als das dumpfe Schmutzige denunziert, was es nämlich ist, ne ne, grad andersrum. Dafür höre ich im Radio oder der andern bürgerlichen Presse ab und an von Anti -Wiedervereinigungsdemos. Bei Euch suche ich das vergebens oder in 'nem Nebensatz von einer Agenturmeldung, daß deshalb der DSU-Parteitag behindert und verspätet begonnen hätte. Jaja, so ist das mit der Manipulation - fragt sich nur, wer davon profitiert, klar doch, Abstraktionen wie Freiheit und Demokratie, wie sie Alltag in der kapitalistischen Sahelzone, oder wie jüngst von Euern (?) aber nicht unseren Freunden, den Vorkämpfern von Coca-Cola und Monokultur - ach nein, von Freiheit und Demokratie, wie sie und nicht nur sie, das nennen, in Panama demonstriert.

Tja Jungs und Mädels von der taz, für uns, wenn auch mit 'nem scharfen Wind um die Ohren, gilt wie vor 60 Jahren „Rot Front“, ob mit oder ohne Euch. Niederlagen heißen nicht, nichts mehr machen, sondern die Fehler suchen und es besser machen. (...)

M.Diatiker, politischer Gefangener, BRD

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