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Boom beim Kicker-Kadi

■ Ein Abwehrstar, ein Manager und Schalke 04 müssen vor das DFB-Gericht / Heftige Fan-Ausschreitungen auch in der DDR

Berlin (taz) - Nächstenliebe hin und her: Echte Teilnahme an den Sorgen und Nöten der Mitmenschen lohnt sich nicht: Diese bittere Erkenntnis mußte der Dortmunder Fußballspieler Michael Schulz machen, dem eine simple Frage nach dem Gehalt der Schiedsrichter mehr als 10.000 Mark kosten wird: „Ich möcht‘ wissen, was Ihr für dieses Spiel heute gekriegt habt“, bekundete Schulz am vergangenen Freitag in Homburg echtes Interesse an der bekanntlich wenig fürstlichen Entlohnung der meisten Unparteiischen. Das Schiedsrichtergespann um Rainer Boos (Friedrichsdorf), offenbar noch alten Werten verbunden (über Geld spricht man nicht), fühlte sich ob des Abwehrspielers Nachfrage beleidigt und der Spielmanipulation bezichtigt. Gekränkt nahmen sie Schulz‘ Aussage in den Spielbericht auf, was neben der obigen Vereinstrafe zusätzlich ein Nachspiel vor dem DFB-Sportgericht bedeutet.

Für die Fußballrichter ist Schulz ohnehin ein Wiederholungstäter: Vergangenes Jahr kam der 28jährige bereits in Konflikt mit dem Zunftgesetzgeber. Nach einer Schiedsrichterbeleidigung und einem „unabsichtigen Fußtritt“ (Schulz) wurde er damals von den hohen Herren für acht Wochen gesperrt und mußte an seinen Verein eine Geldstrafe von 10.000 Mark löhnen.

Ebenfalls vor den Kicker-Kadi geschleppt wird Schalke 04: Am 4. August 1989, so wird den Gelsenkirchenern vorgeworfen, war der Ordnungsdienst nicht ausreichend und der Schutz des Schiedsrichters demnach mangelhaft, was die Zuschauer beim Spiel gegen Eintracht Braunschweig dazu bewogen haben soll, auszuschreiten. Die Verhandlung findet am 20. März in Frankfurt statt.

Vorher hebt DFB-Richter Hanns Bär den Hammer gegen den Manager der Berliner Reinickendorfer Füchse, Gerd Achterberg. Unsportlich habe er sich verhalten, rügt der Ankläger, als er beim Spiel gegen Preußen Münster im Mai 1989 ständig reklamierte und meckerte.

Einen Zacken härter ging's am Montag in der DDR zu: Nach den Fußballoberligaspiel Magdeburg gegen FC Berlin reagierten sich etwa 120 Fans durch Steineschmeißen und dem tätlichen Angreifen von harmlosen Passanten und Schaufensterscheiben ab. Die Volkspolizei stellte sich den Fußballfreunden mit Hunden und Schlagstöcken. Resultat: zwei Ermittlungsverfahren, 15 Ordnungsstrafen und 20 Festnahmen wegen Rowdytums.

Noch temperamentvoller stritten Fans in Rio de Janeiro. Bereits vor dem Meisterschaftsderby Botafogo gegen Flamengo bekamen sich die rivalisierenden Anhänger in die Haare. Mindestens zwanzig Verletzte, davon zwei durch Schußwaffen, konnten am Sonntag dem 2:1-Sieg von Botafogo nicht mehr beiwohnen.

michaela

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