Standbild: Ihr lacht über jeden Mist

■ Satire-Fest aus dem kleinen SFB-Fernsehtheater

(Satire-Fest aus dem kleinen SFB-Fernsehtheater, ARD, 22.25 Uhr) Eine kleine Auswahl unserer Satiriker präsentierte am späten Samstag abend eine Art Leistungsschau. Nach Jahren der öden und nutzlosen Kohl-Witzeleien geht der Weg zurück in die widerliche, bösartige, kleinkarierte Wirklichkeit unserer Mitbürger. Doch scheinen die Schwierigkeiten, dem Volk aufs Maul und in die muffige Seele zu schauen, immer noch erheblich zu sein. Konrad Beikirchen versuchte einen Abriß des bayrischen, schwäbischen und rheinländischen Gemütes, das keine neuen Erkenntnisse vermittelte. Bis auf das kopfschüttelnde Staunen des Rheinländers nach eingehender Betrachtung eines Aquariums: „Fische, also Fische... nee, den ganzen Tach unter Wasser, das könnt‘ ich nich...“

Eine überzeugende Charakterstudie eines Bundestagshinterbänklers namens Meyer-Dinslaken brachte Richard Rogler mit seiner wundervollen dunklen Stimme. Er hockt volltrunken und völlig verbiestert in einer Bahnhofskneipe und blubbert sein Leid heraus: „Seit Jahren melde ich mich für eine Zwischenfrage, aber die Süssmuth nimmt mich ja nie dran, also vielleicht bewerbe ich mich für den Abgeordnetenaustausch mit Albanien...“

Andreas Giebel hingegen suchte einen Bayern im rettungslosen Elektrokonsumrausch auf die Beine zu stellen, der sich schließlich in all seinen Fernbedienungen für TV, Toaster, Mikrowellenherd und Videohausüberwachung verheddert. Ein recht abgenudeltes Thema, dem auch die bayrische Dumpfheit keine neuen Reize abgewinnen konnte.

Die einzigen Frauen des Abends, die Misfits genannt, lieferten einen ungeheuren Redeschwall ab, der einem durchaus das Herz erwärmte. Die interviewte Familienministerin, ein ganz reizendes Hausmütterchen, sabbelte in der besten Manier ihrer Artgenossinnen daher, kam vom Hundertsten ins Tausendste. Die frauliche Quatschsucht und Brabbelleidenschaft kam hier endlich einmal voll zur Geltung.

Wenig anregend der Paderborner Erwin Grosche, der sich als schüchternes Muttersöhnchen vorstellt, was er tut, wenn er mal richtig sauer ist. Lieb und niedlich, aber ohne Biß. Den hatte der letzte Herr, Georg Schramm, ein wirklich empfehlenswerter Mann. Er brachte einen dieser eigentlich unsagbar bösartigen Spießer auf die Bühne, den Mund mürrisch zusammengetütet, brauner Ekelanzug, Aktentasche unter den Krüppelarm geklemmt. In einer verzwickten Form der Publikumsbeschimpfung brachte er die übelsten Sprüche unserer Väter aufs Tapet: „Also ich hab ja den Kriech mitgemacht, die Erfahrung fehlt euch ja... der Neger ernährt sich von Soja... Mutter ist an Krebs gestorben, und ihr lacht darüber, ihr lacht über jeden Mist... alles Laschmänner heute in der Politik, der Barschel hat nicht mal seine Tabletten vertragen...“ Dem Mann könnte ich ewig zuhören.

Olga O'Groschen