Schallende Ohrfeige für Anne Klein

■ Der Hauptausschuß stoppt vorerst Auszahlung von Betreuungsgeldern für Eltern / AL-Senatorin Anne Klein fühlt sich düpiert und übergangen / „Politische Demütigung der Streikenden“ / Heute will AL-Fraktion weiteres politisches Vorgehen beraten

Die AL-Senatorinnen und ihre Fraktion sind empört. Der am Dienstag von SPD-SenatorInnen gefällte Beschluß des Senats, wonach Eltern ihre Kinder in bestreikten Kindertagesstätten gegen einen Stundenlohn von 14 Mark selbst betreuen können, wird von der AL als „Konfrontationskurs“ gegen ihre Politik gewertet. Ein neuer Konflikt zwischen den Koalitionspartnern steht an. Die drei AL-Senatorinnen Klein, Schreyer und Volkholz tragen die SPD-Entscheidung nicht mit und haben den Senat aufgefordert, diesen Beschluß zurückzunehmen.

Fürs erste kam den drei düpierten Senatorinnen der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses zu Hilfe, der die Auszahlung der vom Senat angebotenen Betreuungsgelder aus juristischen Gründen vorerst gestoppt hat. Der Senat wurde aufgefordert, die offenen rechtlichen Fragen bis zur nächsten Sitzung des Ausschusses zu klären.

Mit einer Gegenstimme beschlossen gestern auch die Jugendstadträte, daß „der Senat gebeten wird“, den Zahlungsbeschluß „wegen der vielfältigen offenen Fragen rechtlicher und tatsächlicher Art bis zu deren Klärung auszusetzen“. Politisch sind sich die Jugendstadträte allerdings keineswegs einig. In Neukölln, Tiergarten, Kreuzberg und Schöneberg sollen die Einrichtungen weiter geschlossen bleiben, während die Stadträte der Bezirke Charlottenburg und Wedding ihre Einrichtungen gerne, wenn die juristischen Fragen der Entlohnung geklärt sind, für eine bezahlte Elternarbeit öffnen würden. Im Wedding, erklärte Jugendstadtrat Lutz Kolodziejcok, haben gestern „zwei Dutzend Eltern ihre Mitarbeit angeboten, und ich bin gerne bereit, ihr Betreuungsangebot wahrzunehmen. Mit der Streichelpolitik gegenüber den Erziehern, muß jetzt im Interesse der Kinder Schluß sein“.

Jugendsenatorin Anne Klein beschwerte sich gestern auf einer Pressekonferenz, daß sie als zuständige Fachsenatorin für Frauen, Jugend und Familie überhaupt nicht angehört wurde, der Senat über ihr Fachressort einfach hinweg entschieden hat. Weder sie noch ihre AL-Senatorenkolleginen, geschweige denn die AL-Fraktion könnten dieses Hineinregieren akzeptieren. „Meine Glaubwürdigkeit als Senatorin ist damit erheblich beeinträchtigt worden“, erklärte Klein. Aus „politischen, pädagogischen und juristischen Gründen“ ist eine bezahlte Elternnotbetreuung in den Tagesstätten nicht hinzunehmen. Das Vorgehen des SPD -Senats sei eine „unnötige und eklatante Verschärfung des Kita-Konfliktes“ sowie eine „neue psychologische Strategie, um den Streik zusammenbrechen zu lassen“.

Heidi Bischoff-Pflanz, AL-Fraktionsvorsitzende, erklärte, „der Senat versucht Eltern zu kaufen“. Michael Haberkorn, sozialpolitischer Sprecher der AL, sprach von einem „Holzhammerschlag“ gegen die Erzieher und bezeichnete die SPD-Senatsentscheidung als gezielte „politische Demütigung der Streikenden“. Auf Antrag der AL tagte gestern abend der Koalitionsausschuß, heute wird die Fraktion in einer Sondersitzung ihr weiteres politisches Vorgehen beraten.

Der Senat will allerdings auf einer Öffnung der Kitas bestehen. „Es ist richtig, für die Notbetreuung der Kinder den Eltern jetzt eine Aufwandsentschädigung zu zahlen“, erklärte Senatssprecher Kolhoff. Geöffnet werden sollen die Kitas ab sofort, der Anspruch auf eine Auszahlung der Aufwandsentschädigung soll notiert werden.

aku