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Die „Eiserne Lady“ wird weich

■ Einbruch der Konservativen bei den Nachwahlen in Staffordshire

Die britischen Konservativen können die nächsten Parlamentswahlen in zwei Jahren mit Margaret Thatcher nicht gewinnen. Die Wahl in Mid-Staffordshire am Donnerstag hatte Testcharakter. Sie hat gezeigt, daß die Premierministerin mit der Kopfsteuer einen Schritt zu weit gegangen ist. Dadurch hat sie nicht nur die ärmeren Bevölkerungsteile vor den Kopf gestoßen, die ohnehin schon seit elf Jahren unter dem Thatcherismus leiden, sondern zum ersten Mal auch den Mittelstand schwer brüskiert. Mit der hohen Inflationsrate und dem maroden Zustand der britischen Wirtschaft hätte man leben können, solange die Arbeitslosigkeit die unteren Schichten trifft - mit dem direkten Griff des Staates in den Geldbeutel jedoch nicht.

Der Mittelstand war bisher der Garant für Thatchers Erfolg. Doch in Staffordshire waren es vor allem die Facharbeiter, die scharenweise zur Labour-Party übergelaufen sind. Die „Sozialdemokratisierung“ hat sich für die Labour-Party also offenbar gelohnt: Sie ist zur Partei der Mitte geworden. Bei den letzten Wahlen in diesem Wahlkreis lagen die Liberalen mit der Labour-Party noch gleichauf - diesmal erreichten sie magere elf Prozent. Allerdings ist es verfrüht, vom Ende der Thatcher-Ära zu sprechen. Die „Eiserne Lady“ wird nicht kampflos aufgeben, obwohl sich bei den konservativen Hinterbänklern die Einsicht immer mehr durchsetzt, daß ein freiwilliger Rücktritt Thatchers noch in diesem Sommer die einzige Chance ist, die nächsten Parlamentswahlen zu gewinnen. Ein neuer Parteiführer könnte die Kopfsteuer und andere unbeliebte Regierungsmaßnahmen zurücknehmen und dadurch die ProtestwählerInnen zurückgewinnen. Thatcher kann das nicht, ohne endgültig ihr Gesicht zu verlieren.

Sollten es die konservativen Dissidenten, deren Zahl immer mehr wächst, auf eine Kampfabstimmung beim Parteitag im Herbst ankommen lassen, so würde das zu einer Spaltung bei den Tories führen, die die Hoffnung auf einen Wahlsieg vollends zunichte machen würde. Das weiß auch der einzige ernsthafte Gegenspieler Thatchers, der ehemalige Verteidigungsminister Michael Heseltine, der allzu offene Kritik an der Premierministerin tunlichst vermeidet. Thatchers ungewohnte Kompromißbereitschaft in der Frage der rückwirkenden Steuerermäßigung für Schottland deutet jedoch darauf hin, daß sie die Fäden bei den Tories nicht mehr unumschränkt in der Hand hält. Während sie bisher durchaus bereit war, bei Meinungsverschiedenheiten ihre Linie rücksichtslos durchzusetzen und Minister zu opfern, so hat sie sich jetzt der Drohung ihres Schottland-Ministers Rifkind gebeugt, obwohl die Tories im Norden ohnehin keinen Blumentopf gewinnen können. Die Labour-Party kann nur hoffen, daß Thatcher in ihrer Kompromißbereitschaft nicht so weit geht zurückzutreten.

Ralf Sotscheck

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