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MP-Salve aus James-Bond-Koffer

Produziert die Waffenschmiede Heckler&Koch ihre MP-Köfferchen auch für die deutsche Polizei?  ■  Aus Stuttgart Erwin Single

Auf den ersten Blick sieht der Koffer ganz normal aus, wären da nicht ein daumendickes Loch an der Seite und ein Abzug am Griff. Der Inhalt erinnert stark an die berühmten Geigenkästen der Mafia: In dem sieben Kilo schweren Spezialköfferchen haben einfallsreiche schwäbische Tüftler eine Maschinenpistole des Modells MP5 versteckt.

Ein Agentenutensil für leise Schüsse unter eingeengten Platzverhältnissen, bestens geeignet für Einsätze im Menschengedränge auf Flughäfen, Bahnhöfen oder in Fußgängerzonen - der letzte Clou aus der Oberndorfer Waffenbude Heckler&Koch. Besonderes Merkmal: Die Knarre schießt mit Unterschallgeschwindigkeit, so daß kein Knall auftritt, verrät der Werbeprospekt. Für rund 3.000 DM ist die Killerwaffe in der originellen Verpackung zu haben - für all diejenigen, die ihr tödliches Geschäft unauffällig und diskret zu verrichten haben.

Wer weiß solche Waffentechnik nicht zu schätzen? Heckler&Koch führen ihren in Hartschale und Leder ausgefertigten Spezialkoffer nicht zufällig im Prospekt für Polizeitechnik auf. Die Pressesprecherin der Waffenschmiede, Andrea Brodbeck, hatte schon letzten November verlauten lassen, daß die GSG9 und die „Sicherungsgruppe Bonn“ im Besitz der Schießkoffer seien. Auch für die Landespolizeien sollen sie danach für den Personenschutz beschafft worden sein, allen voran von Baden-Württemberg.

Auf eine entsprechende Bundestagsanfrage der Grünen teilte der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums, Beckmann, Anfang Februar mit, der Bundesregierung sei die Aussage zwar bekannt; sie sehe sich „aus Sicherheitsgründen“ aber nicht in der Lage, diese zu kommentieren. Ob auch die Bundeswehr, andere bundesdeutsche Sicherungseinheiten oder gar das baden -württembergische Innenministerium mit dem Agentenkoffer ausgerüstet sind - darüber wollte die Bundesregierung ebenfalls keine Auskunft erteilen. Sie gab lediglich zu, daß eine „geringe Stückzahl“ der schußbereiten Koffer und Taschen für den Personenschutz nach Großbritannien und Frankreich geliefert wurden. Dafür habe man die erforderliche Ausfuhrgenehmigung erteilt. Im übrigen werde der Verkauf an Privatpersonen nicht genehmigt.

Nachgefragt haben nun auch die Grünen in Baden-Württemberg: Die Abgeordnete Rose Glaser wollte von der Landesregierung wissen, wie viele MP5 samt passender Koffer und Taschen für Polizei und Behörden erworben wurden. Die Antwort des Ministerialdirektors Vogel aus dem Innenministerium: „Die Landesregierung kann hierzu aus Sicherheits- und Geheimhaltungsgründen keine Auskünfte erteilen.“

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