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IG Medien fordert 35-Stunden-Woche

■ Die Situation der Arbeitgeber war seit Bestehen der BRD noch nie so gut wie heute

Berlin (taz) - Die zentralen Tarifverhandlungen in der Druckindustrie gehen am Donnerstag in Düsseldorf in die zweite Runde. Die IG Medien fordert für die 172.000 Beschäftigten Lohnerhöhungen von 10,5 Prozent und die Einführung der 35-Stunden-Woche. Die Lohnforderung der Gewerkschaft sei absurd und der Weg zur weiteren Verkürzung der Arbeitszeit falsch, hatten die Arbeitgeber beim ersten Verhandlungstermin am 8. März in München verlautbart. Die IG Medien sieht sich, so ihr zweiter Vorsitzender Detlef Hensche, in dieser Tarifrunde in einer widersprüchlichen Situation: einerseits sei die Gewerkschaft mit einem „dröhnenden öffentlichen Feldgeschrei“ konfrontiert andererseits sei die ökonomische Basis für die Verhandlungen so gut wie selten zuvor.

„Produktivitätsentwicklung, Umsatz, Gewinnentwicklung und Kapazitätsauslastung der Betriebe waren seit Bestehen der Bundesrepublik niemals besser als heute“, begründet die IG Medien die Höhe ihrer Forderungen. Im Detail: Zwischen 1981 und 1989 konnten die Unternehmer ihre Gewinne verdoppeln. Die Arbeitnehmereinkommen stiegen im selben Zeitraum nur um 25 Prozent. Allein 1989 wuchsen die Gewinne in der Druckindustrie um 8 Prozent, während die ArbeitnehmerInnen einen Reallohnverlust von 0,3 Prozent hinnehmen mußten.

Zwei Dinge stehen für die IG Medien fest: kein mehrjähriger Lohntarifvertrag und kein Abschluß ohne die 35-Stunden -Woche. Die bisherigen Schritte auf dem Weg zur 35-Stunden -Woche hätten sich sehr bewährt, denn seit 1984 gebe es fast 8.000 Arbeitsplätze mehr in der Druckindustrie. Auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist für die IG Medien kein Grund gegen Arbeitszeitverkürzung: erstens sei die bundesdeutsche Druckindustrie Weltspitze, und zweitens werde in Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden in dieser Branche schon weniger als 35 Stunden in der Woche gearbeitet.

Gute Voraussetzungen für einen Kompromiß, meint die Gewerkschaft. Kompromißfähigkeit signalisiert die IG Medien, genau wie die IG Metall, beim Zeitpunkt, zu dem die Verkürzung der Arbeitszeit in Kraft treten soll. „Wir wollen Lösungen am Verhandlungstisch. Wir sind nicht scharf auf einen Streik“, betont der IG-Medien-Funktionär Werner Pfennig. Für alle Fälle führt die Gewerkschaft aber seit Wochen schon Arbeitskampfschulungen durch - „in aller Öffentlichkeit“, so Detlef Hensche, „damit werden die Chancen, ihn zu vermeiden, größer“.

Gabriele Sterkel

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