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Raketen zu Knetschüsseln

Sowjetrüstung erlernt die Marktwirtschaft / Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit mit dem Westen  ■  Von Wolfgang Koydl

Moskau (dpa/taz) - Wjatscheslaw Arkadjewitsch Jermolow ist kein glücklicher Mann, denn der studierte Techniker, der bisher für die streng geheime sowjetische Rüstungsindustrie arbeitete, muß gleich zwei neue, ungewohnte Aufgaben bewältigen: Seine Produkte einer möglichst breiten westlichen Öffentlichkeit bekanntmachen und sie auf dem harten Weltmarkt verkaufen.

Die Feuerprobe muß der neue Außenhandelsleiter Jermolow in vier Wochen bestehen, wenn sein Ministerium für Maschinenbau und gut ein halbes Dutzend anderer Rüstungsministerien - vom Flugzeugbau bis zur Elektronik - in München ihre auf Zivilprodukte umgerüsteten Erzeugnisse vorstellt. „Konversion 90“ heißt die Ausstellung, die vom 21. bis 25. April in der bayerischen Hauptstadt stattfindet.

„Dort wollen wir Partner finden, Produkte verkaufen und über Lizenzen reden“, meint Wadim Isatschenko. Verhandlungen mit Firmen wie Krupp, Mannesmann, MAN und Thyssen hätten bereits stattgefunden. Isatschenko ist Direktor des wissenschaftlichen Forschungsinstituts für die Technologie des Maschinenbaus, das unter dem russischen Kürzel NIITM in einem Gebäudekomplex an einer Nebenstraße im Norden Moskaus residiert. Letztes Großprojekt von NIITM war die Trägerrakete „Energija“, mit der die sowjetische Raumfähre „Buran“ ins All transportiert wird.

Einige der 200 dafür entwickelten und erprobten Fertigungsmethoden sollen nun für zivile Zwecke umgebaut und frei verkauft werden. So wurde aus einem Teil des „Energija“ -Triebwerkes eine Knetschüssel für Großbäckereien.

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