„Goldregen“ statt Krümelorgie

Wer denn die riesige Keksdose leergefressen hat, interessiert in dem dänischen Kinderkrimi „Goldregen“ niemanden. Denn hier geht's nicht um Kinkerlitzchen, sondern um das „echte“ Leben. Nicht Krümel, sondern richtiges Geld, fast eine Million, Beute aus einem Postraub, finden die Kinder Nanna, Karen, Jörn und Lasse in der Keksdose im Wald vergraben. Doch das Glück der alten Märchen, die außen auf der nostalgischen Schatz-Dose abgebildet sind, ist noch einmal mit den kleinen Helden.

Die Postgangster sind ja echt ein bißchen doof. Kaum ist das Geld weg, streiten sie sich ziemlich infantil und bedrohen sich gegenseitig. Bei den klugen Kindern dagegen ist schon lange Rationalität und Coolness eingezogen: Lasse verfolgt nach der Entdeckung des Schatzes im Radio nicht nur die Nachrichten, um zu erfahren, wo das Geld herkommt, sondern achtet auch gleich auf die Börsenkurse, spätere Investitionen überlegend. Während Lasse und Jörn die Sicherung der Beute planen, plagt Nanna und Karen das schlechte Gewissen: sie wären den Batzen am liebsten gleich wieder los. Gerade nur soviel, um für sich, ihre Schwester und ihre Mutter ein Ferienhäuschen im Sommer mieten zu können, würde Nnna aber doch gern behalten, und so schweigt auch sie unentschieden.

Als die Gangster schließlich den Kindern auf die Spur kommen, erwischen sie ausgerechnet die Kleinste, Karen, kidnappen sie und nehmen ihr die dicke Brille weg. Trotzdem findet schließlich dies blinde Hühnchen den Weg, den Gangstern endgültig das Handwerk zu legen. Vom Opfer wird sie zum Meisterdetektiv, wie einst Emil Tischbein und Kalle Blomquists Bande. Auf die Hilfe der in ihren eigene Welten verwobenen Erwachsenen können die Kinder dabei fast bis zum Schluß nicht zählen.

Der Regisseur und Autor Sören Kragh-Jacobsen erzählt „Goldregen“ mit der konventionellen Bildsprache eines Erwachsenenkrimis, hektischen Großaufnahmen, vielen Kamerabewegungen, Verfolgungsjagden. In Dänemark wurde „Goldregen“ als Fernsehserie ausgestrahlt, bevor die lange Fassung der Geschichte in die Kinos kam. Beim Kinderfilmfest Berlin 1989 verlieh die Kinder-Jury dieser Kopie des Erwachsenengenres Krimi stolz einen 2. Preis. Für alle, denen es mit dem Erwachsenwerden und dem Ärger ums Geld nicht schnell genug gehen kann, läuft „Goldregen“ im April als Kinderfilm des Monats.

Katrin Bettina Müller