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Pokalsensation in Schwerin

■ Dynamo wirft den 1. FC Lok aus dem Rennen / Spiel von schweren Krawallen überschattet

Schwerin (dpa) - Auf die Pokal-Sensation des 1:0-Sieges von Zweitligaverein Dynamo Schwerin im Halbfinale über den Oberligisten 1. FC Lokomotive Leipzig fällt wie schon eine Woche zuvor in Jena im DDR-Fußball der Schatten von gewalttätigen Zuschauer -Krawallen. Im Stadion auf der Schweriner Paulshöhe wurde von der Polizei u.a. ein „Fan“ aus Hamburg festgenommen. Dem jungen Mann wurde vorgeworfen, eine Feuerwerksrakete unter die Zuschauer geschossen zu haben. Insgesamt wurden vier Besucher festgenommen. Zwei Leichtverletzte mußten ambulant behandelt werden.

Im Endspiel trifft der Zweitliga-Zehnte, Staffel A, am 2. Juni im Berliner Stadion der Weltjugend auf Meister Dynamo Dresden. Die Sachsen gewannen ihr Halbfinale gegen den Zweitliga-Tabellenführer FC Vorwärts Frankfurt/Oder vor 14.000 Zuschauern mit 3:0 durch Tore von Gütschow (2) und Lieberam. Mit Schwerin steht zum ersten Mal nach 27 Jahren, damals Chemie Zeitz, wieder ein unterklassiger Verein im Pokal-Endspiel, das im Zuge der absehbaren deutsch-deutschen Vereinigung möglicherweise das letzte in der DDR -Fußballgeschichte in dieser Form ist.

Im mecklenburgischen Schwerin brach unter den 5.000 Zuschauern beim Schlußpfiff südländische Begeisterung aus. Der Reporter des DDR-Rundfunks sagte, nun stehe der FC Barcelona „ante portas“. Die Schweriner nehmen am Europapokal auch im Fall einer Endspiel-Niederlage teil, sofern Dynamo Dresden die DDR als Titelträger im Cup der Landesmeister vertreten wird.

Stammann hatte die Sensation in der 17. Minute mit seinem 1:0 per Kopfball eingeleitet. In der 75. Minute verloren die Schweriner mit Herzberg ihren besten Spieler durch Platzverweis und hielten dennoch bis zum Schlußpfiff durch. In der letzten Viertelstunde ging sogar Auswahl-Torhüter Rene Müller vom fünfmaligen Pokalsieger Lokomotive Leipzig mit in den Sturm. Doch diesmal machten die Schweriner mehr „Dampf“. Schon im Viertelfinale hatten sie mit Oberliga -Tabellenführer 1. FC Magdeburg einen Favoriten aufs Abstellgleis geschoben.

Die Freude der Gastgeber über den erneut unerwarteten Ausgang wurde jedoch erheblich durch Randalierer getrübt die Rowdies lassen den DDR-Fußball derzeit nicht zur Ruhe kommen. Schon vor Spielbeginn mußte die Polizei auf dem Schweriner Bahnhofsvorplatz mit dem Einsatz von Schlagstöcken und Hunden schwere Auseinandersetzungen beenden. Rund 40 Jugendliche hatten die Gewalttaten angezettelt. Auch im Stadion gab es immer wieder Schlägereien und Gefährdung von Spielern und Zuschauern durch abbrennende Feuerwerkskörper. Das Spiel stand zweimal kurz vor dem Abbruch.

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