: Banken: Finanzierung des Ostumbaus Regierungssache
■ Internationales Finanzinstitut sieht keine Bankenkredite / Wettlauf um Ersparnisse
Washington (afp) - Das „Internationale Finanzinstitut“ (IIF), eine gemeinsame Einrichtung der größten Banken der Welt, sieht die Verantwortung für die finanzielle Unterstützung Osteuropas in erster Linie bei den westlichen Regierungen. Die kommerziellen Banken seien nach ihren „unglücklichen Erfahrungen in Lateinamerika“ bei der Vergabe von Krediten in den Osten „zurückhaltend“, so das Fazit eines IIF-Berichtes, der am Dienstag in Washington vom Generalsekretär des Instituts, Horst Schulmann, vorgelegt wurde. Die Schulden Osteuropas belaufen sich nach diesem Bericht zur Zeit bereits auf rund 196 Milliarden DM.
„Die Banken waren in den vergangenen Jahren die wichtigste Finanzquelle für Osteuropa“, so das IIF weiter. Diese Rolle müsse jetzt allerdings wegen der „politischen Auswirkungen“ und der Schwierigkeiten beim Übergang dieser Länder in eine Marktwirtschaft von den westlichen Regierungen übernommen werden. Erforderlich sei in diesem Zusammenhang die umfassende Aufstockung der Westfonds, wobei in diesem Zusammenhang zumindest anfänglich der Internationale Währungsfond (IWF) und die Weltbank gefragt seien.
„Seitens der kommerziellen Banken sehe ich in nächster Zeit keine Kredite“, machte Schulmann die Auffassung der Kreditinstitute deutlich. Diese könnten nur Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, die sich im Osten engagierten.
Der IIF-Bericht macht außerdem deutlich, daß sich das Verhalten der Banken in nächster Zeit nach den Maßnahmen der Regierungen in Ost und West richten wird. Die schnellstmögliche Aufnahme der Arbeit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sei ebenso erforderlich wie der zügige Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft in Osteuropa. Nach Einschätzung Schulmanns hat Osteuropa „zwei oder drei schwierige Jahre vor sich“, in denen beispielsweise das Lebenshaltungsniveau sinken werde.
Die Studie untersucht die Bedingungen und Chancen einer freien Marktwirtschaft in Polen, der Tschechoslowakei, Rukänien, BUlgarien und Ungarn. Die DDR wird auf Grund des anstehenden deutsch-deutschen Einbiegungsprozesses ausgenommen, die UdSSR bleibt außen vor, weil nach Ansicht des IIF die notwendigen Reformen nicht einmal halbherzig angegangen würden. Das IIF-Institut schließt nicht aus, daß es zu einem „verschärften Wettbewerb um die Welt -Ersparnisse“ kommen könnte. Der Präsident der Interamerikanischen Entwicklungsbank, Enrique Iglesias, hat schon Bedenken geäußert, daß künftig Kredite eher nach Osteuropa als nach Lateinamerika vergeben werden könnten.
Tatsächlich ist nach den Feststellungen des Institutes das Standing osteuropäischer Länder trotz sinkender Kreditwürdigkeit derzeit besser als das Image Lateinamerikas.
Außer bei Rumänien und Jugoslawien sind die Schulden der Osteuropäischen Länder von 1985 (jeweils erste Angabe) bis 1989 (jeweils zweite Zahl) gewachsen (Angaben in Mrd. DM): Gesamtschuld: 157,07/195,72; Bulgarien: 6,01/16,75; Tschechoslowakei: 7,70/12,11; DDR: 24,63/36,27; Ungarn: 22,42/33,02; Polen: 49,52/67,74; Rumänien: 11,53/0,34; Jugoslawien 35,28/29,49.
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