: „Es gab schlechtere Zeiten“
■ Für Bremer Ostermarschierer ist der Ostermarsch noch längst nicht out / Protest nötig wie eh und je
„Daß die Beteiligung nicht so überwältigend war wie in den vergangenen Jahren - das war allen klar.“ Der das sagt, ist Ostermaschierer der ersten Stunde: Detlef Dahlke, der, wie er selbst betont, nach wie vor von seiten der Kriegsdienstverweigerung an die Ostermarschbewegung herangeht. Für ihn ist der Ostermarsch als Institution und Organsisationsform nach der schmalen Be
teiligung genauso wenig out wie für einige andere der mittlerweile fast schon traditionell Ostermarsch -Engagierten. „Protest kann gar nicht genug ausgedrückt werden“, meint Dahlke, ob Ostern allerdings der richtige Tag ist, das sei eine andere Frage.
Der Bedarf nach außerparlamentarischen Organisationen bestehe zweifellos unverändert weiter, zumal die Probleme nicht
geringer würden. Gründe für die diesjährig schwache Beteiligung sieht er jedoch außer in den politischen (und klimabedingten) Großwetterlage auch darin, daß „die heranwachsende Generation unpolitischer geworden“ sei. Demgegenüber habe sich das Interesse der Menschen zunehmend auf konkrete Probleme am Ort konzentriert, was sich nach Ansicht Dahlkes noch verstärken werde.
Harm H. Ridder, gegen die Panzerstraße in Garlstedt aktiver Pfarrer in Bremen Nord, betont, daß „der Ostermarsch schon schlechtere Zeiten gesehen habe.“ Schlechte Beteiligung sei keineswegs ein Hinweis darauf, daß die Gefahr nachläßt. Doch angesichts der turbulenten Entwicklungen im Osten gesteht er politisch Aktiven wie auch den Kirchen gegenwärtig eine Pause zu, um sich zu besinnen: „Auch wir müssen uns überlegen, wie man diese Dinge unters Volk bringt, damit Menschen wieder in Bewegung kommen.“
Auch Rudolf Prahm, bald 70jähriger überzeugter Pazifist und Redner in Garlstedt, sieht persönlich keinen Grund, seinen Protest einzustellen, obwohl auch er sich fragt, ob der Ostermarsch
noch die angemessene Organisationsform ist, wenn soviel im Umbruch ist. Da derzeit jede Woche eine neue Sicht auf die DDR verlange, fordert Prahm die verstärkte Einrichtung von Diskussionsforen
Christoph Butterwegge, Herausgeber des gerade erschienen Buches über 30 Jahre Ostermarsch und u.a. Sprecher der Bremischen Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung, will die Friedensbewegten, vor allem auch die erstmals beim Ostermarsch stärker engagierten Gewerkschaften, stärker für Rüstungskonversion begeistern. Die Stiftung Friedensforschung arbeite derzeit an konkreten Vorschlägen zur Einrichtung von Konversionsbeirat und -fond. Der Konversionsbeirat solle entsprechende Konversions -Konzepte auf der Bremer Ebene kontrollieren und begleiten. In den geforderten Konversionsfond sollen Rüstungskonzerne wie öffentliche Hand einzahlen. Dritte Forderung in diesem noch nicht ausdiskutierten Konversionspaket ist die Institutionalisierung von Konversions-und Friedensforschung und dem entsprechenden wissenschaftlichen Potential.
ra
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen