: Kreuz und quer
■ Schauburg: 1.Abend des „Knitting Factory Festivals“
Erstaunlicherweise war die Schauburg nur mäßig besucht am ersten Abend des „Knitting Factory Festivals“ mit Curlew, dem Myra Melford Trio und den Jazz Passengers, gilt doch die Knitting Factory als zur Zeit renommiertester New Yorker Club für Avantgarde-Musik (s. taz vom 14.4.). Die sechs Gruppen, die das auf zwei Abende verteilte Programm bestreiten, stellen einen repräsentativen musikalischen Ausschnitt aus diesem Club dar.
Den Auftakt machte das weiße New Yorker Quintett Curlew mit George Cartwright (Saxes), Dave Williams (g), Tom Cora (cello), Ann Rupel (b) und Pippin Barnett (dr). Curlew boten eingängige Melodien, denen rockige bis funkige Rhythmen unterlegt werden, angereichert mit allerlei Schrägheiten und zum Teil in ihrer Struktur von improvisierten Passagen aufgebrochen. Obwohl dieses Konzept eigentlich meinem musikalischen Geschmack entgegenkommt, sprang der Funke am Mittwochabend nicht über. Es schien kopflastig, gewollt, verstärkt durch den irritierenden Widerspruch zwischen der unbeteiligten Präsentation und der auf Tanz angelegten Musik.
Das Myra Melford Trio, bestehend aus der jungen Pianistin Melford, dem Bassisten Lindsay
Horner und Drummer Reggie Nicholson, hatte leider gegen eine schlechte Aussteuerung anzuspielen. So in der Schauburg schon lange nicht mehr zu hören: das Piano ohne Volumen, klimperig, die ganze Abmischung zu baßlastig. Abgesehen davon überraschte der Set der Pianistin, die eher als überschäumende Freejazzerin beschrieben wird, mit wenig freier Spielweise. Trotzdem konnte die Leaderin ihre stilistische Vielfalt zur Geltung bringen, die von rollenden Blueslinien bis zu klirrenden Clustern in der Tradition Cecil Taylors reicht. Trotz des schlechten Sounds ein interessanter Set.
Um zwanzig vor zwölf, die Reihen der ZuhörerInnen waren schon erheblich gelichtet, setzten die Jazz Passengers zum musikalischen Endspurt an. Das Septett um Roy Nathanson (saxes) und Curtis Fowlkes (tb) frönt einer humorvollen Mischung aus augenzwinkernden, aber durchaus respektierten Standardpatterns und Improvisation. Dabei werden die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten des Zusammenspiels im Rahmen des Septetts ausführlich genutzt. Heraus kommt eine abwechslungsreiche, unterhaltsame, witzige und bei alldem ambitionierte Musik. Montezuma Schmid
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen