: Der Bonner Staatsvertrag - die Unterwerfung der DDR
Vertrag über die Schaffung einer Währungsunion, Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik ■ Kapitel I - Grundlagen
Artikel 1
Die Vertragsparteien errichten eine Währungsunion, Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft auf der Grundlage der sozialen Marktwirtschaft. Die soziale Marktwirtschaft wird bestimmt insbesondere durch Privateigentum, Leistungswettbewerb, freie Preisbildung und grundsätzlich volle Freizügigkeit von Arbeit, Gütern, Dienstleistungen und Kapital, freiem Außenwirtschaftsverkehr und einem ausgewogenen sozialen Sicherungssystem. Artikel 2
Mit der Errichtung der Währungsunion gelten die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland auf den Gebieten des Währungs-, Geld- und Münzwesens (in der jeweils geltenden Fassung) im gesamten Geltungsbereich dieses Vertrages. Die Deutsche Bundesbank und die zuständigen Bundesbehörden haben das Recht, die ihnen nach diesen Gesetzen zustehenden Befugnisse im gesamten Geltungsbereich dieses Vertrags auszuüben. (...) Artikel 4
Die Vertragsparteien bekennen sich zur freiheitlichen, demokratischen und sozialen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Zur Gewährleistung der in diesem Vertrag oder in Ausführung dieses Vertrages begründeten Rechte garantieren sie insbesondere die Vertragsfreiheit, Gewerbe- und Berufsfreiheit, die Einreise von Deutschen in den Geltungsbereich dieses Vertrags sowie ihre Freizügigkeit, das Eigentum privater Investoren an Grund und Boden sowie an Produktionsmitteln und die Freiheit, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden.
Beide Seiten sehen daher die Vorschriften der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik für die Grundlagen ihrer bisherigen sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung, insbesondere
-über die staatliche Lenkung und Planung der Volkswirtschaft und aller anderen gesellschaftlichen Bereiche,
-über das Währungs- und Finanzsystem als Sache des sozialistischen Staates,
-über das sozialistische Eigentum,
-über sozialistische Betriebe und Produktionsgenossenschaften mit der damit verbundenen Einschränkung wirtschaftlicher Handlungsfreiheit,
-über Gewerkschaften als umfassende Klassenorganisation einer sozialistischen Gesellschaft sowie
-über die staatliche Monopolisierung der Außenwirtschaft
mit diesen Grundsätzen als unvereinbar an. (...) Artikel 7
Dieser Vertrag einschließlich der in Ausführung dieses Vertrages geltenden oder in Kraft zu setzenden Rechtsvorschriften gehen entgegenstehendem Recht einschließlich Verfassungsrecht der Deutschen Demokratischen Republik vor. (...) Kapitel II - Bestimmungen über die Währungsunion
Artikel 1
Einführung der Währung
der Deutschen Mark
1. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik bilden beginnend mit dem... eine Währungsunion mit einem einheitlichen Währungsgebiet und der Deutschen Mark als gemeinsamer Währung. Die Deutsche Bundesbank ist die Währungs- und Notenbank dieses Währungsgebietes. (...)
6. Die Deutsche Demokratische Republik wird während der Geltungsdauer dieses Vertrages währungspolitische Befugnisse einschließlich der Ausgabe von Banknoten und Münzen weder ausüben noch einer anderen Einrichung übertragen. (...)
2. Abschnitt: Währungsumstellung in der Deutschen Demokratischen Republik Artikel 1
Tag der Umstellung,
Umtauschstellen
1. Die am Tage des Inkrafttretens dieser Bestimmungen der in Absatz 3 genannten Personen oder Stellen gehörenden auf Mark der DDR lautenden Banknoten und auf Mark und Pfennig der DDR lautenden Münzen können bis zum... bei einer Umtauschstelle abgeliefert werden.
2. Auf Mark der DDR lautende Guthaben von den in Absatz 3 genannten Personen oder Stellen bei Geldinstituten in der Deutschen Demokratischen Republik können bis zum... bei einer Umtauschstelle angemeldet werden.
3. Zur Ablieferung und Anmeldung sind - mit Ausnahme der Geldinstitute - alle natürlichen oder juristischen Personen oder sonstigen Stellen berechtigt, deren Wonsitz, Sitz oder Ort der Niederlassung sich in der Deutschen Demokratischen Republik befinden. (...)
5. Die Abwicklung aller Ansprüche, die einer nach Absatz 3 zur Anmeldung und Ablieferung berechtigte Person oder sonstigen Stelle nach diesem Gesetz aus den angemeldeten Guthaben und den abgelieferten Banknoten und Münzen zustehen, wird über ein Umtauschabwicklungskonto geregelt. Die Umtauschstellen stellen nach näherer Anordnung der Deutschen Bundesbank sicher, daß für jeden zur Anmeldung und Ablieferung Berechtigten nur ein Umtauschabwicklungskonto geführt wird, auf dem die angemeldeten und abgelieferten Beträge gutgeschrieben werden. (...) Artikel 2
Umtauschguthaben
(...)
2. Umtauschguthaben natürlicher Personen mit Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik werden in der Weise auf Deutsche Mark umgestellt, daß bis zu einem Betrag von Y tausend Mark der DDR für 1 Mark der DDR 1 Deutsche Mark gutgeschrieben wird.
3. Umtauschguthaben natürlicher Personen, soweit sie den Betrag von Y tausend Mark der DDR überschreiten, sowie Umtauschguthaben juristischer Personen oder sonstiger Stellen werden in der Weise umgestellt, daß für X Mark der DDR 1 Deutsche Mark gutgeschrieben wird.
4. Umtauschguthaben am 31.Dezember 1989 natürlicher oder juristischer Personen oder Stellen, deren Wohnsitz oder Sitz (sich) außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik befinden, werden in der Weise umgestellt, daß für a Mark der DDR 1 Deutsche Mark gutgeschrieben wird. Umtauschguthaben der in Satz 1 genannten Personen oder Stellen, die nach dem 31.Dezember 1989 entstanden sind, werden in der Weise umgestellt, daß für b Mark der DDR 1 Deutsche Mark gutgeschrieben wird.(...)
3. Abschnitt: Erstreckung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank auf das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik Artikel 1
Übernahme des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank
§ 1
Das Gesetz über die Deutsche Bundesbank vom 26.Juli 1957 (...), zuletzt geändert durch Art. 32 des Ersten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 24.April 1986, (...) gilt nach Maßgabe der folgenden Vorschriften auch in der Deutschen Demokratischen Republik.
Die geltenden, vom Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank erlassenen Regelungen und Anordnungen sowie die Satzung der Deutschen Bundesbank vom 27.November 1979 (...) gelten auch für die Deutsche Demokratische Republik. § 2
Die Deutsche Bundesbank richtet in Berlin eine dem Direktorium der Deutschen Bundesbank unterstehende Vorläufige Verwaltungsstelle mit insgesamt fünfzehn Filialen in der Deutschen Demokratischen Republik ein, die für die Geschäfte mit Kreditinstituten in der Deutschen Demokratischen Republik und deren öffentlichen Verwaltungen zuständig ist. (...) § 3
Die Deutsche Demokratische Republik verpflichtet sich, Änderungen des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank unverzüglich und ohne Änderungen zu übernehmen. Artikel 3
Zusammenarbeit
Die Deutsche Bundesbank berät die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik in Angelegenheiten von wesentlicher währungspolitischer Bedeutung und gibt ihr auf Verlangen Auskunft, soweit Währungsfragen in der Deutschen Demokratischen Republik betroffen sind. (...) Kapitel III
Bestimmungen über die Wirtschaftsgemeinschaft
Artikel 1:
Wirtschaftspolitische Grundsätze
Die Regierung der DDR wird sicherstellen, daß ihre wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen mit der sozialen Marktwirtschaft in Einklang stehen. Die Maßnahmen sind so zu treffen, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei steigendem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.
Die Regierung der DDR wird die Rahmenbedingungen für die Entfaltung der Marktkräfte und der Privatinitiative schaffen, um den Strukturwandel, die Schaffung moderner Arbeitsplätze, die Bildung einer breiten Basis aus kleinen und mittleren Unternehmen sowie freien Berufen und Schutz der Umwelt zu fördern. Sie wird außerdem dafür sorgen, daß die rechtlichen Voraussetzungen für eine freie Tariflohnbildung bald gegeben sind. Die Regierung der DDR wird ihre Politik schrittweise auf Recht und Ziele der Europäischen Gemeinschaft ausrichten. Artikel 2
Abstimmung der Politiken
Die Regierung der DDR wird ihre kurz-, mittel- und längerfristige gesamtwirtschaftliche Politik mit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland abstimmen. Das gilt insbesondere für folgende Bereiche:
-Politik zur Sicherung von Preisniveaustabilität, hohem Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht
-Wettbewerbspolitik
-regionale und sektorale Strukturpolitik einschließlich Energie-, Industrie- und Technologiepolitik
-Mittelstandspolitik
-Außenwirtschaftspolitik
-Agrarpolitik
-Umwelt- und Infrastrukturpolitik
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland wird die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über ihre Politik auf diesen Gebieten unterrichten. Artikel 3:
Innerdeutscher Handel
Das zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Berliner Abkommen wird im Hinblick auf die Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft angepaßt. Der Verrechnungsverkehr wird beendet. Bestehende Verpflichtungen werden in DM abgewickelt. Der Abschlußsaldo des Swing wird ausgeglichen.
Die Vertragsparteien sind bestrebt, so bald wie möglich die Voraussetzungen für einen vollständigen Wegfall der Kontrollen an der innerdeutschen Grenze zu schaffen.
Die Regelung des freien Verkehrs über die innerdeutsche Grenze findet nur Anwendung für Waren, die sich im zollrechtlichen freien Verkehr der EG befinden, sowie für Ursprungswaren der DDR. Artikel 4:
Außenwirtschaft
Der Außenwirtschaftsverkehr ist grundsätzlich frei. Beschränkungen sind nur aus zwingenden gesamtwirtschaftlichen Gründen sowie aufgrund von zwischenstaatlichen Vereinbarungen zulässig. In die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung darf nur so wenig als möglich eingegriffen werden.
Bei der Schaffung des freien Außenwirtschaftsverkehrs wird sich die DDR bemühen, den Grundsätzen eines freien Welthandels, wie sie insbesondere im GATT zum Ausdruck kommen, Rechnung zu tragen.
Die gewachsenen außenwirtschaftlichen Verpflichtungen der DDR, insbesondere gegenüber den RGW-Ländern, genießen grundsätzlich Vertrauensschutz. Sie werden unter Beachtung der Gegebenheiten der Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft und der Interessen der Beteiligten fortentwickelt. Artikel 5
Land- und Ernährungswirtschaft
Wegen der weitgehenden Geltung EG-rechtlicher Regelungen für die Land- und Ernährungswirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland gilt der oben in Art. 1 Satz 4 aufgeführte Grundsatz für diesen Bereich im besonderen Maße. (So sind insbesondere möglichst schnell die Preise für Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse der DDR an das Preisniveau der Bundesrepublik Deutschland anzupassen und zu dessen Schutz ein Außenregime analog den EG-Regelungen einzuführen.) Außerdem wird die DDR die freie Entscheidung über die Mitgliedschaft in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften sicherstellen, wobei die Bedingungen des Austritts für beide Seiten tragbar sein müssen, sowie die Entwicklung und Gründung selbständiger landwirtschaftlicher Betriebe gegenüber den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften nicht benachteiligen, insbesondere das freie Verfügungs- und Nutzungsrecht über Grund und Boden gewährleisten (Aufhebung des § 18 LPG-Gesetz). Artikel 6
Umweltschutz
Der Schutz von Menschen, Tieren und Pfanzen vor schädlichen Umwelteinwirkungen ist besonderes Anliegen beider Vertragsparteien. (...) Im Bereich des Atom- und Strahlenschutzrechts übernimmnt die Deutsche Demokratische Republik die zur Gewährleistung des Sicherheitsniveaus der Bundesrepublik Deutschland bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie wesentlichen, in Anlage 1 aufgeführten Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland mit sofortiger Wirkung auch für bereits bestehende Anlagen. Kapitel IV - Bestimmungen über die Sozialgemeinschaft
Artikel 1
Koalitionsfreiheit, Tarifautonomie, Arbeitskampfrecht
§ 1
(1) Jedermann hat das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, bestehenden Vereinigungen beizutreten, aus solchen Vereinigungen auszutreten und ihnen fernzubleiben. Ferner wird das Recht gewährleistet, sich in den Koalitionen zu betätigen. Alle Abreden, die diese Rechte einschränken, sind unwirksam.
(2) Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sind in ihrer Bildung, ihrer Existenz, ihrer organisatorischen Autonomie und ihrer koalitionsgemäßen Betätigung geschützt. § 2
Tariffähige Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände müssen frei gebildet, gegnerfrei, auf überbetrieblicher Grundlage organisiert und unabhängig sein sowie das geltende Tarifrecht als für sich verbindlich anerkennen; ferner müssen sie in der Lage sein, durch Ausüben von Druck auf den Tarifpartner zu einem Tarifabschluß zu kommen. (...) § 4
(1) Streik und Abwehraussperrung (Arbeitskampf) sind zugelassen, soweit sie nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.
(2) Arbeitskämpfe sind erst nach Ausschöpfung aller Verständigungsmöglichkeiten zulässig und nur dann, wenn sie von Gewerkschaften, Arbeitergeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern und um tariflich regelbare Ziele geführt werden.
Artikel 3
Grundsätze der Sozialversicherung
Die DDR verpflichtet sich, ein gegliedertes System der Sozialversicherung einzuführen, für das folgende Grundsätze gelten:
1. Die Renten-, Kranken- und Unfallversicherung wird aus ihrer jetzigen Organisationsstruktur gelöst. Für jeden dieser Bereiche und die Arbeitslosenversicherung einschließlich der Arbeitsförderung werden jeweils eine Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet.
2. Die Renten-, Kranken-, Unfall- und die Arbeitslosenversicherung einschließlich der Arbeitsförderung werden vor allem durch Beiträge finanziert, die grundsätzlich je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern entsprechend den Beitragssätzen des Sozialversicherungsrechts der Bundesrepublik Deutschland getragen werden. Die Beitragsbemessungsgründe und andere sozialversicherungsrechtliche Werte werden so angehoben, daß ihr Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt der DDR dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Verhältnis entspricht. (...) Artikel 5
Arbeitslosenversicherung und Arbeitsförderung
Die DDR verpflichtet sich, ein umfassendes System der Arbeitslosenversicherung einschließlich der Arbeitsförderung einzuführen, das den Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland entspricht. Dabei sollen die arbeitsfördernden Maßnahmen Vorrang haben vor den Leistungen bei Arbeitslosigkeit. (...) Artikel 6
Krankenversicherung
§ 1
(1) Der zur Sicherung bei Krankheit und Mutterschaft (Krankenversicherung) errichtete Träger ist kassenartenneutral und für alle Aufgaben der Krankenversicherung in der DDR zuständig, bis ein nach Kassenarten gegliedertes Krankenkassenversicherungssystem geschaffen ist.
(2) Als Beitragssatz wird der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz der Krankenkassen in der Bundesrepublik Deutschland (§ 247 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) festgelegt.
(3) Rentner werden beitragspflichtig. (...) Artikel 7
Rentenversicherung
§ 1
(1) Der zur Sicherung bei Invalidität, Alter und Tod (Rentenversicherung) errichtete Träger ist für alle Aufgaben der Rentenversicherung zuständig, bis eine Organisationsstruktur geschaffen ist, die der in der Bundesrepublik Deutschland entspricht. § 2
(1) Die Bestandrenten der Rentenversicherung werden auf ein Nettorentenniveau angehoben, das bei einem Rentner, der
-45 Versicherungsjahre hat und
-dessen Verdienst jeweils dem volkswirtschaftlichen Durchschnittsverdienst entsprach,
70 Prozent des durchschnittlichen Nettoarbeitsverdienstes in der DDR beträgt. Bei größerer bzw. geringerer Zahl von Versicherungsjahren ist der Prozentsatz entsprechend höher bzw. niedriger. Basis für die Berechnung des Anhebungssatzes der individuell bezogenen Renten ist die nach Zugangsjahren gestaffelte Rente eines Durchschnittsverdieners in der DDR, der von seinem Einkommen neben den Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung volle Beiträge zur freiwilligen Zusatzversicherung der DDR gezahlt hat. Artikel 11
Sozialhilfe
Die DDR verpflichtet sich, ein Sozialhilfegesetz einzuführen, durch das der Mindestlebensbedarf der Sozialhilfeempfänger in der DDR ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht, die Krankenhilfe und die Pflegehilfe gesichert werden. Die Sozialhilfe ist, nachrangig zu anderen Leistungsbereichen, als Rechtsanspruch auszugestalten. Artikel 12
Familie
(1) Die DDR verpflichtet sich, Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates zu stellen.
(2) Die DDR verpflichtet sich, die bisher über die Betriebe erbrachten Leistungen für MÜtter und Kinder gesetzlich abzusichern. Dabei müssen nicht erwerbstätige Mütter erwerbstätigen Müttern gleichgestellt werden. Dem Schutz des ungeborenen Lebens ist besonders Rechnung zu tragen. Die bisherigen betrieblichen Angebote der Kinderbetreuung müssen gesetzlich abgesichert werden. Artikel 14
Anschubfinanzierung
§ 1
Die Bundesrepublik Deutschland wird zur Abdeckung der in der Renten-, Unfall-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung einschließlich der Arbeitsförderung der DDR durch Beiträge und Staatszuschüsse nicht gedeckten Ausgaben durch eine vorübergehende Anschubfinanzierung übernehmen. § 4
Im Bereich der Rentenversicherung gilt § 1 für die Mittel, die zur Finanzierung der Ausgaben erforderlich sind, die sich aus dem derzeit geltenden Rentenversicherungsrecht der DDR unter Einschluß der unter Artikel 7 genannten Sofortmaßnahmen ergeben, soweit diese Ausgaben durch
-einen Beitragssatz von 18,7 vH,
-einen Staatszuschuß aus dem Haushalt der DDR in Höhe von 18,8 vH der Rentenausgaben und
-eine vom Staatshaushalt der DDR im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zu übernehmende Defizithaftung
nicht gedeckt werden. Kapitel V - Bestimmung über den Staatshaushalt und die
Finanzen
1. Abschnitt: Staatshaushalt
Artikel 1: Grundsätze für das Haushaltswesen der Deutschen Demokratischen Republik
Die DDR verpflichtet sich, ihren Haushalt den Haushaltsstrukturen der Bundesrepublik Deutschland anzupassen. Hierzu gehört insbesondere für die Zeit ab Inkrafttreten der Währungsunion:
(...)
(2) die Ausgliederung insbesondere folgender Bereiche aus dem Staatshaushalt:
-Sozialbereich, soweit er in der Bundesrepublik Deutschland ganz oder überwiegend beitrags- oder umlagenfinanziert ist.
-Wirtschaftsunternehmen (Kombinate, volkseigene Betriebe) durch Umwandlung in rechtlich /wirtschaftlich selbständige Unternehmen
-Verkehr unter rechtlicher Verselbständigung aller Verkehrsbetriebe, Führung der Reichsbahn als Sondervermögen.
-Wohnungswesen unter substanzgerechter Zuordnung der öffentlichen Wohnungskredite auf die Einzelobjekte.
(3) Abbau von Subventionen und Preisstützungen insbesondere für
-Industriewaren, landwirtschaftliche Produkte und Nahrungsmittel, Dienst- und Verkehrsleistungen
-Mieten durch Abbau der Modernisierungs- und Mietnebenkostensubventionen. 2. Abschnitt: Finanzen (...)
Artikel 2
Umsatzsteuer
(1) Die Deutsche Demokratische Republik übernimmt das Umsatzsteuerrecht der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung ab Errichtung der Währungsunion.
(2) Für Zwecke der Umsatzsteuer besteht zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland keine Steuergrenze. Die Steuerhoheit bleibt unberüht. Ein umsatzsteuerlicher Grenzausgleich erfolgt nicht. Der Ausgleich der Aufkommensverlagerungen wird durch besondere Vereinbarung geregelt. Artikel 3
Einkommen- und Lohnsteuer
(1) Die Deutsche Demokratische Republik übernimmt das Einkommen- und Lohnsteuerrecht der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung ab 1. Januar 1991.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik regelt durch Gesetz, daß mit Wirkung ab Errichtung der Währungsunion
a) die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Regelungen über die steuerliche Gewinnermittlung in Kraft treten,
b) für die (umgewandelten) volkseigenen Betriebe bis zum 31. Dezember 1990 statt einer Körperschaftssteuer, Vermögensteuer und Gewerbesteuer eine Steuer in enger Anlehnung an die bestehenden Abgabeformen, wie den Beitrag für gesellschaftliche Fonds und die Produktionsfondsabgabe, erhoben wird. (...) Artikel 4
Körperschaftssteuer
Die Deutsche Demokratische Republik übernimmt das Körperschaftssteuerrecht der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung ab 1. Januar 1991. Artikel 5
Gewerbesteuer
Die Deutsche Demokratische Republik übernimmt das Gewerbesteuerrecht der Bundesrepublik mit Wirkung ab 1. Januar 1991.
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