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Die Sozialdemokratisierung der Sandinisten

■ FSLN sondiert die Chancen für einen Beitritt zur Sozialistischen Internationale / Ein formeller Beitritt erst in zwei Jahren möglich

Seit die Sandinistische Befreiungsfront (FSLN) eine überraschende Wahlniederlage erlitten und Daniel Ortega durch gutes Betragen auch bei den Konservativen dieser Welt Applaus geerntet hat, scheint bei der Sozialistischen Internationale (SI) die Türe offen für die Sandinisten.

Denn die plötzliche Einladung ist kein raffiniertes Manöver der internationalen Sozialdemokratie, die nicaraguanischen Revolutionäre endlich an die Leine zu nehmen. Comandante Bayardo Arce hatte schon letztes Jahr auf dem SI-Kongreß in Stockholm die Chancen für einen Beitritt sondiert. Dort wurde er allerdings auf die Zeit nach den Wahlen vertröstet.

Einen Tag nach den Wahlen konnte er den SI-Vorsitzenden Luis Ayala empfangen mit der Einladung zum Beitritt. Daniel Ortega hatte sich inzwischen vom venezolanischen Staatschef Carlos Andres Perez und von Felipe Gonzalez versichern lassen, daß diese sich einer Aufnahme der FSLN nicht mehr widersetzen würden. Wird die FSLN damit zu einer sozialdemokratischen Partei?

In den letzten Jahren ist die Politik der Ex -Befreiungsbewegung durch Zugeständnisse an die Machtverhältnisse auf dem amerikanischen Kontinent, durch den Zusammenbruch des Realsozialismus, und aus taktischen Rücksichten für das eigene politische Überleben immer mehr in die Nähe populistischer und reformistischer Politik gerückt.

Großen Einfluß hatten die Sozialdemokraten schon seit sie die FSLN im Befreiungskrieg gegen Somoza unterstützten. Und 1984 wie auch 1989 gehörte die SI zu den Kräften, die auf eine Vorverlegung der Wahlen in Nicaragua drängten. Mit ihrem Beitritt wird die FSLN endlich auch bei den internen Beschlüssen mitreden können. Gleichzeitig verhindert sie, daß die Sozialdemokratische Partei Alfredo Cesars aus der künftigen Rechtsregierung einen neuen Vorstoß um Aufnahme in die SI unternimmt. In ihrer zukünftigen neuen Rolle als parlamentarische Opposition werden die Sandinisten ein internationales Sprachrohr und die finanzielle Hilfe von potenten Bruderparteien brauchen.

Der förmliche Beitritt ist allerdings erst in zwei Jahren möglich, wenn die SI ihren nächsten Kongreß abhält. Bis dahin wird die FSLN ständiger Gast bleiben, wie seit 1979. Neben ideologischen Vorbehalten gegenüber den nicaraguanischen Ex-Guerilleros hatte es in der SI heftige Kritik an den undemokratischen Parteistrukturen der FSLN gegeben.

Die neunköpfige Nationale Leitung ist seit 1979 unverändert im Amt und betrachtet sich als lebenslänglich gewählt. Die Sandinistische Versammlung, die aus von oben bestimmten und absetzbaren Mitgliedern besteht, hat lediglich beratende Funktion. Auf dem Parteikongreß, der noch in diesem Jahr den künftigen Kurs der Partei festlegen soll, werden auch diese Strukturen zur Diskussion gestellt werden.

Ralf Leonhard

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