„Neue Armut“ in der Wohlstandsgesellschaft

■ Angestelltenkammer warnt vor Verarmung

180.000 BremerInnen sind arm. Dazu gehören allein 60.000 SozialhilfeempfängerInnen in Bremen und 9.000 Jugendliche, die finanziell unterstützt werden müssen. Diese Zahlen nannte gestern Dietwart Runte von der Wirtschaftsabteilung der Bremer Angestelltenkammer. Anläßlich des Jahresberichtes 1989 warnte Runte vor zunehmender Verarmung, von der jetzt bereits ein Drittel der Gesamtbevölkerung betroffen ist.

Während die Wirtschaft in der aktuellen Hochkonjunktur kräftige Zuwächse verzeichne, blieben die ArbeitnehmerInnen vom steigenden Wohlstand ausgeschlossen. „Wir haben noch immer 40.000 Arbeitslose, und der Kern der Dauerarbeitslosen hat sich stabilisiert“, formulierte Runte die Kritik der Kammer. Die Hoffnungen auf neue Arbeitsplätze würden derzeit immer mehr von der „Kapitalwalze

plattgerollt“. Die angekündigte „Sozialunion“ mit der DDR werde wohl eher auf Sparflamme kochen, befürchtet die Kammer.

Die Angestelltenkammer interpretiert ihre Arbeit des letzten Jahres vor dem Hintergrund dieser wirtschafts- und sozialpolitischen Entwicklungen. Über 51.000 Rechtsberatungen haben die ExpertInnen im letzten Jahr durchgeführt, mit Schuldenberatung und erstmals mit einer speziellen Arbeitslosenberatung, die den Bedarf dieser Gruppe allerdings nicht bewältigen kann.

Dazu weist das Kammerkonto insgesamt 1.720 Bildungsmaßnahmen in den Bereichen EDV, Fremdsprachen und Politik/Kultur aus, in die die Kammer etwa 1,8 Mio Mark investierte. 7.621 TeilnehmerInnen wurden im abgelaufenen Jahr in Bildungsurlauben geschult, von denen etwa ein Drittel politische Themen behandelte. ma