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EVA MEYER

■ Keine Angaben zur Person

Eine fundamentale feministische Hypothese ist die von der historischen Konstante der Verachtung der Frauen, die durch die Herausstellung einzelner - durch Hildegard v. Bingen, Johanna von Orleans, Florence Nightingale, Marie Curie, Mata Hari, Christa Wolf oder Mutter Theresa etc. - quasi abgedient und in diesem Akt wiederum nur bestätigt wird. Eine fundamentale philosophische Hypothese ist die von der handlungsgeschichtlichen Irrelevanz philosophischer Theoriebildung, die durch die Herausstellung einzelner Namen - durch Foucault-Kongreß, Cafe Voltaire, Humboldt -Universität, Karl-Marx-Stadt, Schopenhauer-Gesellschaft, Kantstraße, Leibnizkeks oder das „Hegel“ zum Beispiel quasi abgedient und durch derlei Gegenständlichkeiten wiederum nur bestätigt wird.

Wenn nun also Frau und Philosophie zusammenkommen, Denkarbeit mit weiblichem Kopf geleistet wird, dann kann in klassischer Folgerichtigkeit - diese Tätigkeit nur doppelt nichtig sein. Und genau gegen derlei lineare Schlüssigkeiten an oder vielmehr nicht dagegen an und somit immer noch der Logik verbunden und diese nicht nur umkippend, sondern eher in Schräglage zu ihr, denkt die Berliner Philosophin Eva Meyer.

Feministischer Theorie ist es von Anfang an um eine Gegenbewegung zur männlich monopolisierten Herrschaftslogik gegangen, und sie hatte von Anfang an mit der Falle dieser Logik zu kämpfen, die selbst noch die Regeln für das berühmte Andere des Weiblichen aufstellt: wenn nämlich die Gleichung Mann Vernunft zum Ergebnis Frau Nichtvernunft führt. Meyer dagegen beginnt schon vor diesem scheinbaren Denk-a-priori oder vielmehr jenseits desselben. Es geht ihr nicht um eine Umwertung, sondern um die Durchkreuzung des Oppositionaldenkens und seiner Diskurse, indem sie deren Grenzen thematisiert. Sie kritisiert nicht die männliche wissenschaftliche Rede, sondern ihr Interesse setzt sozusagen früher an: bei den Möglichkeiten von Sprache überhaupt. Wie gelangt das Materielle, das Lebendige, das Bewußtseinstranszendente in die Sprache? Es geht ihr also um ein gänzlich anderes Verfahren des schreibenden Denkens, indem sie „das Ungesagte des Gesagten mit in die theoretische Arbeit und die eigene Rede hineinzieht“ (Marianne Schuller), oder, noch einmal anders und wieder mit Marianne Schullers Worten gesagt: „Die Texte von Eva Meyer praktizieren eine Schreibweise, die ihr eigenes Werden und damit ihren Gegenstand selbst noch einmal in Szene setzt.“

Der auf diesen Seiten abgedruckte Text ist der Anfang eines längeren Vortrags, der sich an dem Gertrud-Stein-Zitat entzündet: „Mir gefiel der Unterschied zwischen Alleinsein Nicht-Alleinsein und Nicht-Dran-Denken. Das gab der Frau eine Umgebung.“ Dieser Vortrag ist jetzt im Turia & Kant Verlag, Wien, Berlin unter dem Titel Der Unterschied, der eine Umgebung schafft. Kybernetik - Psychoanalyse Feminismus als Schrift erschienen. Und er handelt, unzulässig ergebnisfixiert formuliert, davon, wie das Erzählen sich erzählt.

Weitere Bücher von Eva Meyer: Zählen und Erzählen . Für eine Semiotik des Weiblichen; versprechen . ein Versuch ins Unreine; Architexturen; Die Autobiographie der Schrift. Alle im Verlag Stroemfelder/Roter Stern.

CD

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