War wohl nix...

■ betr.: Potsdamer Platz

Betr.: Potsdamer Platz

Vor allem kommt mir die Geschichte so fatal bekannt vor. Ich empfehle daher Meister Momper einen kurzen Anruf nach Bremen. Dort hatte die Stadt sich Mitte der siebziger Jahre krumm gelegt, um einer großen Autofirma den Standort Bremen attraktiv zu machen. Tausende von Arbeitsplätzen waren versprochen. Was war hinterher? Nichts war. Die Stadt hatte ihre Standort-Erschließungsgelder umsonst ausgegeben. Neue Arbeitsplätze gab es nicht. Wozu braucht Daimler ein Gebäude in der Mitte von Berlin? Wozu will Momper es ihm bewilligen? Damit allen endgültig klar wird, wer im „goldenen Westen“ (erlauchte Nähe von Staatsbibliothek und Philharmonie!) mit dem Geld auch das Sagen und die Macht hat? Mit freundlichen GrüßenElisabeth

Meyer-Renschhause

Betr.: dito

Aus der Tatsache, daß Daimler Benz den Potsdamer Platz für sich beanspruchen will und sich dort eine immense Vergrößerung eines der eh schon größten Monopolkonzerne vollzieht, läßt einiges für die Zukunft, für den Charakter und das Entwicklungsniveau der Vereinigung beider deutscher Staaten erkennen.

65.000 Quadratmeter sind ein riesengroßes Gebiet, welches hier willkürlich und undemokratisch beansprucht, verkauft und freigegeben werden soll. Beansprucht von der Minderheit der Monopolbourgeoisie, ohne demokratische Abstimmung innerhalb der Regierungskoalition, ja ohne größere Vorankündigung wird hier die AL angeblich vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Wähler der einst so konsequenten und starken Oppositionsbewegung und Partei müssen sich hier regelmäßig verarscht vorkommen, sollte sich die AL hier opportunistisch verhalten und resignieren. Das Vorhaben wird, wenn es wirklich zum Bau kommt, einiges zum Charakter der Vereinigung beider deutschen Staaten und der Stadt Berlin beitragen und hat mit demokratischer Stadterneuerung wirklich überhaupt nichts zu tun. Hier wird wirklich nur auf das Interesse der Monopol-AG Daimler Benz, sowie auf einen kleinen Kundenkreis der oberen Schichten der Klassengesellschaft eingegangen. Die Tatsache, daß wichtige Biotope und Freiräume in eine profitbringende Daimler-Benz -AG-Filiale, als Vorzeigeobjekt für die gut funktionierende Wirtschaftlichkeit der Koalition umgewandet und zerstört werden sollen, rechtfertigt auch nicht die angebliche Schaffung von mehreren tausend Arbeitsplätzen und müssen erstmal einer breiten Oppositionsschicht klar werden, um dagegen vorgehen zu können und Widerstand zu leisten.

Wir können uns, wenn wir zwei Jahre zurückdenken, daran erinnern, das in der letzten Legislaturperiode die konservativ-liberale Koalition Schnellstraßen durch das gleiche Gebiet bauen lassen wollte.

Dieses Symptom einer Krankheit konnte verhindert werden, dafür, daß jetzt die Ursache weiterentwickelt werden soll!? Anstatt die Qualität und Quantität der Grünflächen in unserer Stadt weiter aufzubauen, um das Erholungs- und Freizeitangebot der Bevölkerung zu verbessern und den Kindern gute Entfaltungsmöglichkeiten zu gewährleisten, soll diese Fläche von 65.000 Quadratmetern inmitten der Stadt völlig fehlverplant werden. Am liebsten noch klammheimlich. Über solch chauvinistische Entscheidungen von Momper und Nagel sollten wir uns nicht wundern, sondern versuchen, den Bau zu verhindern.

Lassen wir es nicht zu, daß dieser oder andere Rüstungskonzerne im Herzen unserer Stadt zu bauen anfangen und Berlin zu eines der „wesentlichsten Dienstleistungszentren Europas“ umformieren. Schon einmal war die Daimler Benz AG, wie noch andere bekannte Konzerne aus Industrie und Rüstung, in einem vereinigten Deutschland auch wirtschaftlich hauptverantwortlich für Krieg und Faschismus. Damals waren die Dienstleistungen für die Arbeiter ein unbezahlter 16stündiger Arbeitstag. Bis zur Erschöpfung für politisch Andersdenkende oder Angehörige anderer Rassen oder Nationen. Das wirtschaftliche Entwicklungsniveau darf nicht so sein, daß sich in der Vereinigung beider deutscher Staaten reaktionäre Projekte wie diese sich an die Spitze stellen und mit Unterstützung der SPD uns unseren Lebensraum nehmen. Ob wir es schaffen, dies zu verhindern, hängt von unserem Verhalten dagegen ab und wird sich erst herausstellen, wenn unser Kampf dagegen geführt wurde.

J.P. Ulstanov