: Die Krise der Linken im Westen
Die Ereignisse im Osten, in unseren Medien nahezu einhellig als „Kollaps des Kommunismus“ und „Bankrott des Marxismus“ etikettiert, haben in keinem politischen Ambiente des Westens derart tiefe Verwirrung verursacht wie in der Linken. Dabei gelang es Sozialdemokraten und Sozialisten, sich behende dem allgemeinen Verdikt zu entziehen und ungeniert sowohl den bisher für sich reklamierten Marx wegzuleugnen wie ihre noch bis vor kurzem anhaltende Unterstützung der nunmehr verdammten Ost-Regenten zu verdrängen.
Völlig konsterniert starren dagegen die kommunistischen Parteien des Westens ebenso wie viele Unabhängige, gleichwohl dem marxistischen Denken verpflichtete Intellektuelle auf die Entwicklung: In den meisten Ländern beginnt erst jetzt und nach zähem innerem Kampf eine Diskussion über die Zukunft.
Am weitesten vorangeschritten ist dabei der italienische PCI, dessen Chef Achille Occhetto auf einem Sonderparteitag im März bereits eine völlige „Neugründung der Linken“ unter, allerdings umstrittenem, Verzicht auf den Namen „Kommunismus“ - durchgesetzt hat, die Grüne, Radikale, Sozialisten und Unabhängige einbinden soll. Der Gegenpol dazu ist der französische PCF, der sich noch immer unbeweglich als „Festung der kommunistischen Orthodoxie“ ('L'Espresso‘) präsentiert.
Von besonderem Interesse ist innnerhalb der Neubesinnung der Linken jedoch weniger das Problem neuer Namen oder alter Einbunkerung, sondern die Frage, inwieweit sich dabei den Transformationen neue politische Schichten und Gruppen in den Vordergrund schieben könne.
EUROTAZ widmet das Wochenthema diesmal daher den Entwicklungen sozusagen an den beiden Extremen Europas: Spanien, wo sich mehrere Generallinien zur „Bewältigung“ der Links-Krise herausbilden, und die Sowjetunion, wo es um die Frage geht, ob trotz des Weiterbestehens der alten KPdSU und der Entstehung neuer interner wie externer Oppositionen die Parole „Links“ noch - oder wieder - einen Sinn hat.
taz
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