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K.-u.-k.-Eröffnung auf der Hannover-Messe

Neue Chancen im Osten?! - Wo sind die Aussteller der Ost-Nachbarn?  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

Die deutsche Industrie braucht einen Monarchen oder besser noch eine Königin: Keine Hand rührte sich zum Applaus, als Bundeskanzler Helmut Kohl gestern zur Eröffnungfeier in das Messe-Tagungszentrum eilte. Erst die niederländische Königin Beatrix wurde von Schaulustigen und Journalisten mit richtigem Beifall empfangen. Partnerland in diesem Jahr sind die Niederlande.

Von Kanzler und Königin wurde gestern die diesjährige „Hannover Messe Industrie“ gemeinsam eröffnet und beide machten in ihren Reden natürlich die „Umwälzungen in Osteuropa“ zum Hauptthema. Helmut Kohl präsentierte den Industriellen „die faszinierende Perspektive eines gesamteuropäischen Wirtschaftsraumes vom Atlantik bis zum Ural - eines Raumes mit fast 500 Millionen Menschen“. Hannover sei seit jeher eine Drehscheibe für den Handel zwischen Ost und West gewesen, dies gebe der größten Industriemesse der Welt jetzt zusätzliches Gewicht, weil „die jungen Demokratien Mittel-, Ost- und Südosteuropas jetzt auch wirtschaftlich zu neuen Ufern aufbrechen“. Die niederländische Königin mochte den Optimismus des Bundeskanzlers nicht teilen: „Schwierige Jahre stehen den Ländern Osteuropas bevor“, sagte sie. Die tatsächlichen Entwicklungen würden in der ersten Zeit hinter den hochgespannten Erwartungen zurückbleiben.

Die diesjährige „Weltmesse im Zeichen des Europäischen Umbruchs“, so sieht es die kostenlose 'Messezeitung‘. Vor dem abgelegenen Messe-Pavillon der Thyssen AG soll ein Kranz von gelben Verkehrschildern die Richtung angeben: Vom Thyssen-Emblem auf der Messe ist Lissabon 3.168 Kilometer entfernt, nach Moskau sind es nur 2.260 und nach Belgrad nur 1.534 Kilometer. Im Begleitprogramm der Industrie-Messe findet sich ein „deutsch-deutsches Wirtschaftsforum“ und im Messe-Tagungszentrum veranstaltet die Evangelische Akademie Loccum ein „West-Ost-Symposium“: Mensch-Natur. Schirmherr ist R. v. Weizsäcker.

Was aber, wenn man den neuen Mitgliedern im internationalen Wirtschaftsreigen einen persönlichen Besuch abstatten wollte? Beharrlich muß man auf dem Messegelände suchen, um Aussteller aus Osteuropa zu finden: „Zentrale Informationsstelle DDR - Keine Austellung“. Mit diesem Schriftzug an der Tür wird der Besucher am weitab auf dem Freigelände liegenden Pavillon empfangen. Die UdSSR, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, die CFSR und auch China - all diese Länder des ehemaligen Ostblocks haben in diesem Jahr wesentlich weniger ausstellende Firmen nach Hannover geschickt als im Jahr zuvor. Nur die DDR war mit 31 Austellern angerückt war. Aber auch hier hatte man 1977 schon einmal mehr im Angebot. Doch der DDR geht es nicht mehr in erster Linie darum „Geschäftskontakte zu pflegen und zu festigen“, wie es Fritz Landmund, der DDR -Austellungsleiter schon Dienstag vor der Presse sagte. Es ginge „um eine völlig neue Qualität in Zusammenarbeit und Kooperation, um Unternehmenshochzeiten und Partnerschaften“. Die DDR-Betriebe suchen auf der Messe nicht mehr Kontakt zu Kunden, sondern zu westlichen Industriebetrieben, die sich bei ihnen einkaufen wollen. Der Name „Hannover Messe Industrie“ bekommt damit aber erst den rechten Sinn: Nicht Industriewaren, sondern einfach Industrien bieten die osteuropäischen Austeller an.

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