Bedingte Freilassung in der Türkei

Berlin (afp/taz) - Das türkische Staatssicherheitsgericht hat am Freitag überraschend die Freilassung von zwei Führern der verbotenenen Vereinigten Kommunistischen Türkischen Partei verfügt, die seit ihrer Rückkehr aus dem Exil im November 1987 inhaftiert waren. Haydar Kutlu und Nihat Sargin, die vom 6. bis 25. April dieses Jahres mit einem Hungerstreik ihre Entlassung erzwingen wollten, bleiben für die Dauer ihres Prozesses auf freien Fuß, dürfen das Land allerdings nicht verlassen. Auf ihrer letzten Sitzung hatten die Richter die Freilassung Kutlus und Sargins noch kategorisch abgelehnt. Gestern begründete das Gericht die Freilassung nach 900 Tagen Haft mit einer angeblich bevorstehenden Strafgesetzänderung in der Türkei. Der Prozeß gegen die beiden Kommunisten hatte im Juni 1988 begonnen und könnte sich nach Einschätzung der Anwaltskammer von Istanbul „noch tausend Jahre hinziehen“. Zahlreiche Beobachter protestierten gegen die Haft- und Prozeßbedingungen der beiden Kommunisten. Gestern war der 32. Prozeßtag. Der türkische Ministerrat prüft derzeit eine Änderung der berüchtigten Artikel 141, 142 und 143 des Strafgesetzbuches, die jegliche Mitgliedschaft in einer kommunistischen Partei, „kommunistische Propaganda“ und das Eintreten für die nationalen Rechte der Kurden unter Strafe stellen.

dora