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Welche Sicherheit vor Deutschland?

■ Bei den heutigen 2+4-Gesprächen in Bonn geht es um die Ablösung der Rechte der Siegermächte und die Bündniszugehörigkeit des vereinten Deutschlands. Allein die sowjetische Delegation ist noch gegen seine Nato-Mitgliedschaft - doch ihre Position ist schwach.

Ab Viertel vor elf morgens bis Viertel nach acht abends landete gestern auf dem Köln-Bonner Militärflughafen ein Außenminister nach dem anderen, um die heute beginnenden 2+4 -Gespräche über die Zukunft eines vereinten Deutschlands vorzubereiten. Von morgens bis in den späten Abend trafen sich Genscher, Meckel, Baker, Schewardnadse, Kohl in unterschiedlichen Konstellationen. Besprochen wurde, worüber man sich auch heute austauschen will: Die außenpolitischen Folgen der Vereinigung von DDR und BRD. Konkreter: die Übertragung alliierter Vorbehaltsrechte auf ein vereintes, souveränes Deutschland. Noch konkreter: die Frage nach der Bündniszugehörigkeit eines Gesamtdeutschlands.

Was sich gestern außerdem abzeichnete: Alle anderen Punkte auf der Tagesordnung - die Garantie der polnischen Westgrenze etwa, die Beteiligung der Polen an den nächsten Außenministertreffen oder der Status Berlins - spielen keine annähernd so große Rolle wie die Frage nach den anstehenden bündnispolitischen Veränderungen in Europa.

Vor allem Eduard Schewardnadse, der sowjetische Außenminister, machte schon gestern klar, was sein Land in das heutige Treffen jedenfalls nicht einbringt. „Nein, keinesfalls“, antwortete er kurz nach seiner Ankunft am Flughafen auf die Frage einer Journalistin, ob die Sowjetunion künftig ein vereintes Deutschland, das Mitglied in der Nato ist, akzeptieren werde. Seine Begründung: Die Zugehörigkeit Deutschlands mit seinem riesigen Potential an Industrie, Technik, wissenschaftlicher und intellektueller Kapazität- diese Zugehörigkeit Deutschlands zu einem militärischen Bündnis würde eine Gefahr für die Stabilität in Europa bedeuten. Ein „vereintes, bündnisfreies“ Deutschland stellt Schewardnadse sich vor. Der Prozeß der deutschen Einheit müsse synchron mit der Gestaltung der europäischen Sicherheitsstrukturen laufen.

Das deckt sich überhaupt nicht mit jenen Standpunkten, die die anderen fünf Außenminister in das heutige Treffen mitbringen werden: Sie wollen ein Gesamtdeutschland in der Nato.

Um der Sowjetunion hierfür doch noch eine Zustimmung abzuringen, führt US-Außenminister Baker einige Versprechen an Moskau im Verhandlungsgepäck mit: So will man Technologie -Exporte erleichtern, wenn die Sowjetuinion einlenkt, Mitglied in internationalen Finanzinstitutionen soll sie werden dürfen. Außerdem sprach sich Genscher dafür aus, daß die Sowjetunion für eine Übergangszeit eigene Streitkräfte auf dem Gebiet der heutigen DDR belassen dürfe.

Daß Polen - irgendwie - an den nächsten Außenministertreffen beteiligt wird, dies sicherte Hans -Dietrich Genscher schon gestern zu. Auch eine weitere Frage, die eigentlich erst heute erörtert werden sollte, schien gestern bereits beantwortet: Die Westgrenze Polens wird wahrscheinlich formell so anerkannt, wie es sich die Bundesregierung das vorstellt - nicht, wie es die Polen gewünscht haben: Genscher hat sich gegenüber dem polnischen Außenminister mit seiner Position durchgesetzt, wonach beide deutsche Parlamente die Anerkennung erklären. Der polnische Vorschlag, demzufolge BRD, DDR und Polen ein Grenzvertrag paraphieren sollten, den ein Gesamtdeutschland dann ratifiziert, stünde demnach heute nicht einmal mehr auf der Tagesordnung.

Ferdos Forudastan

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