: Bremer Männer auf Hannover-Messe
■ Standortwerbung / Beckmeyer: „großer Optimismus, erfreuliche Entwickung, technologische Offensive, deutliche Fortschritte, richtiger Weg“
Hannover-Messe Industrie 90 - da sind Männer in ihrem Element. Ein Trend zu grauen Cool-Wool-Anzügen und buntblumigen Schlipsen ist deutlich zu erkennen. Da tummeln sie sich geschäftig in einer Stadt aus glänzenden blauen, roten und grünen Maschinen und stahlgläsernen Pavillions, sitzen zu zweit oder dritt mit ernster Miene an Tischchen versammelt und reden über neue Werkstoffe und Kehrmaschinen, Export und Investitionen. Die wenigen Damen stehen derweil mit ihrem Schminktäschchen vor dem Toilettenspiegel und zupfen ihr Kostüm glatt.
Es herrscht Aufbruchstimmung und verbissener Optimismus ob der neuen Herausforderungen EG-Binnenmarkt und DDR, auch in Bremen. „Nicht über Risiken philosophieren, sondern die Chancen suchen,“ so der Senator für Wirtschaft, Technologie und Außenhandel vor der Presse. Stichworte aus Uwe Beckmeyers Rede am vergangen Donnerstag: „großer Optimismus, erfreuliche Entwickung, technologische Offensive, deut
liche Fortschritte, richtiger Weg“ - gemeint ist insbesondere die Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft, den Firmen, den Hochschulen und der Universität. Schließlich haben sie zusammen das wichtigste Zukunfsprojekt der Hansestadt gebastelt, den Technologiepark Universität.
Standortwerbung sei insbesondere auch eine psychologische Disziplin, erzählt Bernd Linke von der wirtschaftsförderungs -Gesellschaft auf die Frage, ob denn der gemütlich -weltstädtische Bremer Pavillion, das Kommunikationszentrum für Bremen-Interessierte, als Anlaufpunkt für geschäftliche Gespräche genutzt wird. Dort sorgt, wie im letzten Jahr, das Park-Hotel für eine stilgerechte weibliche Bewirtung der männlichen Gäste. Später, als sich beim nachmittäglichen Empfang die Schlipse drängeln, raunt Linke der Reporterin ins Ohr: „Sehen Sie, dies ist die Psychologie der Standortwerbung.“
Nach deren Eindruck handelt es sich allerdings eher um eine Insider-Fete, auf der altbekannte
Bremer sich mit brüderlichem „Hallo“ auf die Schultern klopfen: die Wirtschaftsförderer, die Politiker, die Professoren, die Handelskämmerer und die Firmenvertreter. „Mal gucken, was sich auf dem Markt tut, mit Geschäftsfreunden klönen, Ereig
nis, das man mitnehmen muß,“ erklären letztere auf Anfrage, was sie dort hintreibe.
In Halle 21, wo die Bundesländer ihre forschungstechnischen Innovationen vorstellen, ist gegen abend der Bär los. Im Stand „Forschungsland Nordrhein
Westfalen“ spielt eine Jazz-Band. Die „Technologiestraße Bayern“ ist von Biergarten-Tischen mit weißblauen Karo -Tischdecken verstellt. Zu Freibier und Schlachtplatte spielt eine ohrenbetäubende Jodel- und Blaskapelle in Krachledernen und
Dirndl: „Ja, wenn die Musik nicht wär“ - vor der Kulisse einer energietechnischen Ausstellung, die die Funktionen von „Solar-Wasserstoff“ erklärt. Irgendwie haben all diese technischen Dinge eben auch etwas mit Menschen zu tun. Beate Ram
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen