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Eitel Blendwerk

 ■ K O M M E N T A R

Der irische Schrifsteller George Bernard Shaw feierte die Einführung der Gummikondome als „größte Erfindung des 19. Jahrhunderts“. Die Auszeichnung nach DIN, die Kondomen in der Bundesrepublik demnächst widerfährt, stellt jedoch keineswegs die Krönung eines erfolgreichen Aufstiegs gemäß Shawscher Prophezeiung dar. Hinter der Forderung nach einem konformen Produkt steckt marktwirtschaftliches Kalkül. Gezielte Pillenpolitik und mangelnde Aufklärung potentieller Kondombenutzer und -benutzerinnen haben hierzulande dafür gesorgt, daß die unliebsamen Gummis zumeist immer noch tief in bundesdeutschen Nachttischschubladen ruhen. Daran haben auch die Anti-Aids-Kampagnen nichts Wesentliches geändert.

Aber seit einigen Jahren versuchen ausländische Kondomhersteller mit qualitativ hochwertiger Ware die pillentreue deutsche Kundschaft zu Kondombenutzern umzukrempeln. Und just bevor den bundesdeutschen Herstellern die Gummis auf dem nahenden Binnenmarkt davonschwimmen, wird noch das absolute Gütezeichen aufgeboten. DIN - in welchem bundesdeutschen Hirn erweckt dieses Zauberwort nicht ein Gefühl ds Stolzes und der Zuverlässigkeit? DIN ist ein Blendwerk für die deutsche Eitelkeit. Die Prüfvorschriften für Kondome sind nicht sonderlich verschärft, sie werden nur per Gesetz die allgemeine Gültigkeit erlangen. Früher galten Kondome als nicht sicher, bald sind sie garantiert von deutschen Ingenieuren geprüft. Ob damit auch die Fehlerquoten beim Benutzen von Kondomen sinken, ist zweifelhaft. Benutzerfehler sind und bleiben schwer ermittelbar. Im Zweifelsfalle bleibt der Schuldige das Gummi.

Antonia Schnitker

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