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Gegen einen förmlichen Friedensvertrag

■ DDR-Außenminister Markus Meckel lehnt Vertrag mit einstigen Kriegsgegnern wegen zu hoher Reparationslast vor Europaparlament ab

Straßburg (afp/ap/dpa) - Gegen den Abschluß eines förmlichen Friedensvertrages hat sich der neue Ostberliner Außenminister Markus Meckel ausgeprochen. Verhandlungen über einen solchen Vertrag würden alle ehemaligen Kriegsgegner einschließen und unvermeidlich die Reparationsfrage aufwerfen, sagte er am Donnerstag vor einem Ausschuß der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg. „Wir wollen aber eine abschließende völkerrechtliche Regelung, die einem Friedensvertrag gleichkommt“, fügte der Mitbegründer der DDR-SPD hinzu. Die parlamentarische Versammlung der Staatenorganisation hatte sich hingegen am Mittwoch für den raschen Abschluß eines Friedensvertrages ausgesprochen.

Meckel bekräftigte zugleich die Auffassung der Regierungen in Bonn und Ost-Berlin, wonach das künftige vereinte Deutschland nicht neutral sein wird, sondern der Nato angehören muß. Eine Integration Deutschlands in den Warschauer Pakt sei nicht möglich, also bleibe nur die Nato. Diese müsse aber ihre Strukturen ändern, da sie in ihrer jetzigen Form ein „Relikt des gespaltenen Europas“ sei. Langfristig müsse ein „umfassender europäischer Sicherheitsvertrag“ angestrebt werden. Dieser Vertrag solle die Blöcke ablösen und die Gleichheit aller Staaten und ihrer Bevölkerungen unverrückbar fixieren. Der tschechoslowakische Präsident Vaclav Havel hatte vor dem Europaparlament zudem den Abbau aller atomaren Kurzstreckenwaffen in Mitteleuropa gefordert.

Nachdrücklich warnte der Ostberliner Außenminister vor jeder militärischen Überlegenheit des Westens gegenüber der Sowjetunion. Eine solche Situation könne von Moskau nicht akzeptiert werden und würde somit Europa destabilisieren. Meckel sprach sich gegen den Vorschlag der Sowjetunion aus, den Viermächtestatus auch nach dem Ende der 2+4 -Verhandlungen noch für eine Übergangszeit beizubehalten. Mit Abschluß der Gespräche müsse die Verantwortung der Alliierten abgelöst werden. Gleichzeitig zeigte er aber Verständnis für den sowjetischen Wunsch, den er als Ausdruck einer gewissen „Ratlosigkeit“ Moskaus wertete.

Das vereinte Deutschland werde weiter mit der UdSSR und den anderen europäischen RGW-Staaten zusammenarbeiten, bekräftigte der Außenminister. Die DDR sehe ihre neuen Beziehungen zum Europarat in der europäischen Perspektive. Besondere Bedeutung habe dabei der Beitritt zu den Konventionen des Europarates, insbesondere der Menschenrechtskonvention.

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