: Wewel widersetzt sich Stoltenberg-Entlastung
Unterschiedliche Darstellungen im U-Boot-Skandal: Wurde die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet, weil Stoltenberg der Unions-Spitze bereits das Ende der Ermittlungen versprochen hatte? / Staatssekretär Voss will mit Zoglmann nur beiläufig gesprochen haben ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Brisante Widersprüche zwischen Mitarbeitern des Bundesfinanzministeriums bestimmten die gestrige Vernehmung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur U-Boot -Affäre. Regierungsdirektor Wewel führte aus, die von ihm in einem Geheimvermerk niedergelegten Hinweise auf eine Weiterführung des Geschäfts mit Südafrika seien von seinen Vorgesetzten als „neu“ eingestuft worden. Der vorgesetzte Unterabteilungsleiter Stenger habe daraufhin Staatssekretär Obert die Abgabe des Falles an die Staatsanwaltschaft vorgeschlagen. Auf Weiterermittlung im eigenen Hause sei erst entschieden worden, nachdem Staatssekretär Obert erwähnte, der damalige Bundesfinanzminister Stoltenberg (CDU) habe der Unions-Fraktion bereits versichert, es gebe keinen weiteren Ermittlungsbedarf.
Abteilungsleiter Schmutzer hatte dagegen zuvor erklärt, in dem Wewel-Bericht habe es keine neuen Aspekte gegeben. Auf Nachfragen der Opposition schwächte Schmutzer allerdings ab, er habe nicht den Neuigkeitsgehalt in einigen Fakten ausschließen wollen. Aber im Ergebnis sei der Bericht nichts Neues gewesen, weil er lediglich seine vorhandene Meinung bestärkt habe, daß eine Einstellung des Verfahrens nicht in Frage komme, sondern weiterermittelt werden müßte. Dies sei geschehen; erst danach habe man das Ermittlungsverfahren gegen die Firmen eingestellt. Die Grünen beschuldigten das Finanzministerium dagegen, alle die Firmen belastenden Hinweise „systematisch ignoriert“ zu haben.
Abteilungsleiter Schmutzer reagierte mit Erinnerungslücken auf die Frage, warum er im Herbst 85 die Oberfinanzdirektion (OFD) Kiel nicht mit Ermittlungen gegen die ihm aus den Unterlagen bekannte Firma Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) beauftragte, sondern lediglich gegen deren Konstruktionsbüro IKL. Gegen HDW, die das Waffengeschäft in der Zwischenzeit weiterbetrieb, waren die Ermittlungen erst ein Jahr später aufgenommen worden. Seine schriftliche Weisung an die OFD Kiel, das für Exportgeschäfte zuständige Bundesamt für Wirtschaft nicht vor dem Abschluß der Ermittlungen einzuschalten, begründete Schmutzer mit dem Hinweis, er habe dies nicht als notwendig empfunden. Regierungsdirektor Wewel erklärte es dagegen als normal, das BAW „möglichst früh“ einzuschalten.
Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Vertraute des verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Voss (CSU) wies Vorwürfe zurück, er habe sich noch während der laufenden Ermittlungen bemüht, das Projekt an den zuständigen Stellen vorbei weiterzuführen. Dieses war einem von der taz veröffentlichten Schreiben der HDW an die südafrikanischen Geschäftspartner zu entnehmen. Er habe mit dem im Schreiben genannten U-Boot-Lobbyisten, ehemaligen CSU -Bundestagsabgeordneten und „langjährigen und guten Bekannten“ Siegfried Zoglmann nur einmal am Rande eines allgemeinen Gesprächs über das Geschäft gesprochen. Eine Förderung und Unterstützung habe es von seiner Seite aber „zu keiner Zeit in irgendeiner Form“ gegeben.
Die SPD fand es allerdings bemerkenswert, daß die vier von Voss bestätigten Treffen mit Zoglmann jeweils zeitlich mit wichtigen Entwicklungen des U-Boot-Geschäfts zusammenfielen.
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