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Milch-Partnerschaft Bremen-Rostock

■ 'Bremerland'-Molkerei liefert Yoghurt in die DDR und bekommt Milch zurück / Bremer Maschinen verschenkt

Eine Milch-Partnerschaft mit neuen Ideen hat die bremische Molkereigenossenschaft 'Bremerland‘ (2.000 Bauern) jetzt mit ihrer Kollegin 'Küstenland‘ in Rostock geschlossen. Der Kooperationsvertrag wurde am 6. April in Rostock unterzeichnet. Das

Ganze heißt „aktiver Veredelungs-Verkehr“ und geht so: 'Bremerland‘ liefert jede Woche 232.000 Becher Yoghurt nach Rostock und bekommt im Austausch genau so viel Milch, wie in dieser Yoghurtmenge verarbeitet ist, zur Milchpulver -Produktion.

Derzeitiger Tauschkurs: 1:3. Den Bremer 68-Pfennig-Yoghurt gibt es also in Rostock für 2,04 Mark Ost.

In der DDR gab es „vierzig Jahre lang nur Erdbeeryoghurt und Zitronenquark, das kann da keiner mehr sehen“, so Bandmann, geschäftsführendes Vorstandsmitglied bei 'Bremerland‘ und überdies zuständig für die „Philosophie des Hauses“, zur taz. Und mit dem Run auf leckere Westwaren bleiben DDR-Be

triebe jetzt auf ihren Produkten und vor allem in ihren Milch-Seen sitzen. „Schokolade-Hersteller stellen die Produktion ein, Eis-und Süßwarenhersteller sind von Pleite bedroht. Molkereien müssen die Produktion um 2/3 herunterfahren, geben die Magermilch an die LPG's zurück, aus Sahne wird Kühlhaus-Butter.“ So faßte Bandmann kürzlich in einem Vortrag vor der Molkerei-Generalversammlung in Lamstedt die Lage zusammen.

Nun soll aber die DDR nicht als Rohstofflieferantin für BRD -Veredelungstechnik benutzt werden: „Bei dem Kooperationsvertrag sind wir richtige Musterknaben“, findet Bandmann. In dem Versuch, statt Goldgräberfieber und Gründermentalität vertrauenswürdige und auch nach der Währungsunion tragfähige Handelsbeziehungen aufzubauen, so Bandmann, habe man technisches Know-How und Verwaltungskenntnisse zur Verfügung gestellt, Maschinen und Anlagen nach Rostock gebracht: „Wir

können nicht nur dahin liefern, wir müssen die auch entlasten.“ So gab es für die Rostocker nicht nur eine moderne Homogenisiermaschine geschenkt, sondern weitsichtig gleich einen eigens bestellten und in Bremen bezahlten Satz Ersatz-und Verschleiß

teile dazu. Außerdem: Spezial-Pumpen, einen Quark-Separator. In vier Wochen kommt ein Frischdienst-Kühlwagen, damit DDR -Milchprodukte nicht wie bisher auf der Fahrt im ungekühlten Planwagen verderben.

48 Einzelbauern und landwirtschaftliche Produktionsgemeinschaften, von denen manche täglich 30.000 Liter Milch produzieren, haben sich Ende März in der

Bremer Partnerstadt Rostock zu einer „Genossenschaft“ nach hiesigem Vorbild zusammengeschlossen. 'Bremerland‘ versorgte sie mit Mustern des BRD-Genossenschaftsgesetzes, den Bremerland-Statuten, den hier üblichen Liefer-Bedingungen und Kalkulations-Hilfen. Zur Vetragsunterzeichnung reiste der komplette Bremerland-Vorstand nach Rostock, informelle Kontakte zwischen den norddeutschen und mecklenburgischen Bauern waren schnell geknüpft, Besuche vereinbart. Bandmann: „Die Menschen von der Nord-und Ostseeküste passen zusammen.“ Susanne Paa

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