Politik soll von der Hansawelle runter

■ Krach im Funkhaus: Programmplaner will Radio-Bremen-Programm für die Werbewirtschaft durchstylen

Im Funkhaus von Radio Bremen steht der nächste Krach vor der Tür. Anlaß: Den politischen Sendungen auf dem Massenprogramm Hansawelle soll es an den Kragen gehen. So will es zumindest der Chef der Hauptabteilung Programmplanung, Werner Blinda. In einem vertraulichen Schreiben an die Programmdirektion Hörfunk schlägt Blinda vor, den morgendlichen Kaffeepott künftig eine Stunde länger, also bis 10.00 Uhr, auszustrahlen und die folgende Sendung „Bremen 1 am Vormittag“ bis 13.00 Uhr zu verlängern. Folge: Für das politische Mittagsmagazin wäre kein Platz mehr.

Dabei hatten die Politik-, Wirtschafts- und Lokal -Redaktionen gerade mit diesem Sendeplatz großes vor und glaubten sich bislang der Unterstützung von Programmdirektorin Karola Sommerey sicher. Ein neues zweistündiges Mittagsmagazin sollte konzipiert werden, in dem große und kleine Politik, Sport und Wirtschaftsthemen Platz haben sollten. Dafür sollte eigens neue Redaktionteams gebildet werden, die vorbei an den alten Hierarchien neuen Pepp auf die Welle bringen sollten. Von ursprünglichen Plänen, diesem neuen Redaktionsteam die ganze Sendestrecke von 12.00 bis 18.00 Uhr zu übertragen, war bereits abgerückt worden. Jetzt sind auch die letzten beiden Stunden in Gefahr. Denn die Programmdirektorin scheint sich mit dem Konzept ihres engen Mitarbeiters Blinda anfreunden zu wollen. „Die Verlängerung der Sendung 'Kaffeepott“ muß ernsthaft erwogen werden“, schreibt Sommerey an alle Haupt -und Abteilungsleiter und hält für diesen Fall auch eine Verlängerung der Sendezeit „Bremen 1 am Vormittag“ bis 13.00 Uhr für

richtig.

Begründet wird das Konzept, mit dem die Hansa- endgültig zur Seichtwelle würde, mit der gro

ßen Nachfrage der Wirtschaft nach Werbeplätzen im Kaffeepott. In der Tat macht Radio Bremen in den drei Kaffeepott-Stun

den (s. Grafik) das beste Geschäft. Von den 11,8 Millionen Einnahmen, die mit Hansawellen-Werbung von Januar bis Au

gust erzielt wurden, wurden mehr als zwei Drittel zwischen sechs und neuen Uhr morgens verdient. Weitere gut 20 Prozent der Werbesendeplätze werden dann bis 12.00 Uhr verkauft, danach kommt nicht mehr viel.

Daß es der Programmplanung im Hause ausschließlich um Geld und nicht mehr um Inhalte geht, macht Blinda in aller Klarheit deutlich. Mit einer verlängerten Kaffeepott -Sendezeit, so der Finanzstratege, könnte der Wirtschaft auch eine Preiserhöhung zwischen neuen und zehn Uhr verkauft werden. Bislang muß für die Kaffeepott-Sekunde 56 Mark gezahlt werden. Danach sinkt der Preis auf 44 Mark. Heute wird sich der Redakteursausschuß mit den Hansawellen-Plänen beschäftigen. Werner Eiermann, Vorsitzender des Auschusses: „Wir wollten eine richtige Reform. Wenn die jetzt sogar die Essential wegstreichen, gibt es wieser Zoff.“ Zum Beispiel in der Abteilungsleiter-Sitzung am Montag, wenn über die neue Hansawellenstruktur beraten wird.

hbk