: Militärs: Atomraketen sind kein Schutz mehr für Frieden in Europa
Tutzing (dpa) - Der Frieden in Europa darf aufgrund der veränderten politischen Lage zwischen den beiden militärischen Bündnissen künftig nicht mehr mit Atomwaffen gesichert werden. Dies erklärten am Sonntag übereinstimmend Vertreter von Militärs und Kirchen aus Ost und West bei einer Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing zum Thema „Friedenssicherung im Wandel“.
Der ehemalige Bundeswehrgeneral und frühere Direktor des Hamburger Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Wolf Graf Baudissin, warnte jedoch vor der Illusion, daß die gegenwärtige Entspannung zwischen den Blöcken zugleich auch Konfliktlosigkeit bedeute: „Je näher wir uns kommen, desto zahlreicher werden die Konflikte.“ Aufgabe heutiger Politik müsse die „Friedensgestaltung“ sein und nicht mehr länger die „Kriegsverhütung“. Gemeinsame Sicherheitsstrukturen forderte in Tutzing auch Oberst Erich Hocke von der DDR-Militärakademie in Dresden. Kernwaffen hätten bisher zwar einen Beitrag zur Kriegsverhütung geleistet, zugleich aber auch gezeigt, daß Kriege nicht die „ultima ratio“, sondern die „ultima irratio“ seien. Der Direktor der Evangelischen Akademie in Ost-Berlin, Walther Bindemann, forderte ein umfassendes Konzept zur Friedenserziehung in den Schulen. Es müsse jedem Kind klargemacht werden, „daß sich Krieg nicht mehr lohnt“. Kritisiert wurde bei der Tagung, daß die Nato trotz der grundlegend veränderten Situation des Ostblocks keine Veränderung des militärischen Konzepts vorgenommen habe, während die Staaten des Warschauer Pakts durchaus Konsequenzen gezogen hätten. Erforderlich sei im Westen eine „grundsätzliche Neuorientierung“, um die Politik des sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow zu stärken und nicht zu schwächen. Dazu gehörten die Anerkennung der sowjetischen Sicherheitsinteressen, ökonomische Hilfen sowie ökologische Zusammenarbeit.
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