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Alle fahren weiter

■ betr.: "Lob der Langsamkeit gegen das Diktat der Zeit", taz vom 30.4.90

betr.: „Lob der Langsamkeit gegen das Diktat der Zeit“,

taz vom 30.4.90

Verkehrspolitik und Umweltpolitik sind eng miteinander verwoben (sollten es sein). Die Herstellung und der Gebrauch (fast) aller Verkehrsmittel wirken sich mehr oder weniger nachteilig auf die Umwelt aus.

Werden verschiedene Verkehrsmittel nach Verbrauchs- und Belastungswerten (Energie- und Rohstoffverbrauch beziehungsweise Umweltbelastung) miteinander verglichen, hat sich die Bezugsgröße „Personenkilometer“ eingebürgert (zum Beispiel Stickoxid: Bus 0,2 g/PKM - PKW 2,2 g/Pkm).

Diese Parameter sind wichtig, reichen jedoch nicht aus, da wir davon ausgehen müssen, daß die Wegezeiten (zum Arbeitsplatz, bei der Arbeit, in den Wochenendurlaub oder Jahresurlaub) über die Jahre etwa gleich bleiben.

Der Einsatz schnellerer Verkehrsmittel führt lediglich dazu, daß alle weiter fahren und auch dadurch die Belastung erhöhen. Ich plädiere für die Einführung einer neuen Kennzahl: Verbrauchs- und Belastungswert pro Stunde und beförderter Person.

Dann wird deutlich, daß es umweltpolitisch nicht wünschenswert ist, schnellere Verkehrsmittel zu fördern oder nur dann, wenn sie nach der neuen Kennzahl günstiger abschneiden beziehungsweise damit zu rechnen ist, daß Verkehr von ungünstigeren Verkehrsmitteln auf das neue, günstigere verlagert wird.

Beispiel: Wenn der Bau eines Schnellbahnnetzes, dessen Züge pro Kilometer etwas weniger Energie verbrauchen (falls das so ist) als ein herkömmlicher Intercity dazu führt, daß viele Menschen in Zukunft im Ruhrgebiet wohnen und täglich nach Frankfurt zur Arbeit fahren, so ist der Energieverbrauch pro Kilometer zwar geringer, pro Ereignis (Mensch fährt an seinen Arbeitsplatz) und in der Summe durch die größere Entfernung aber bedeutend höher.

Klaus Stolpp, Oberursel

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