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Eine Kiste fauler Äpfel

Polizei in Irland kooperiert mit protestantischen Todeskommandos / Offizieller Untersuchungsbericht spricht nur von ein paar schwarzen Schafen  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Jetzt ist offiziell bestätigt worden, was die katholische Bevölkerungsminderheit Nordirlands schon immer wußte: Polizei und Armee in der britischen Provinz arbeiten mit protestantischen Todeskommandos zusammen. Zu diesem Ergebnis kam eine Kommission unter Leitung des stellvertretenden Polizeichefs von Cambridgeshire, John Stevens, nach siebenmonatigen Untersuchungen.

Die Kommission schlägt in ihrem Bericht 83 Maßnahmen vor, um die Weitergabe geheimer Dokumente an protestantische Paramilitärs in Zukunft zu verhindern. Vor allem die Rekrutierung neuer Mitglieder des Ulster Defence Regiments (UDR) soll schärfer überwacht werden. Das UDR ist die nordirische Einheit der britischen Armee und besteht fast ausschließlich aus Protestanten. In der Vergangenheit konnte zahlreichen UDR-Solda ten die direkte Teilnahme an Killerkommandos nachgewiesen werden.

Stevens empfiehlt außerdem, den Bock zum Gärtner zu machen: Die Polizei soll eine Sondereinheit zur „Terrorismusbekämpfung“ aufstellen. Im März sind in der Grafschaft Armagh zwei Katholiken ermordet worden.

Die Mörder verfügten über die Polizeiakten der Opfer. Seit Mitte der siebziger Jahre sind mindestens 2600 geheime Personalakten in die Hände protestantischer Organisationen gefallen. Dabei handelte es sich haupts Ächlich um „mutmaßliche IRA-Mitglieder“, denen die „Sicherheitskräfte“ nichts nachweisen konnten.

Dennoch behauptet Stevens, daß die Kollaboration keineswegs weitverbreitet oder gar von oben abgesegnet war. Der Bericht wird keine Konsequenzen haben: Weder nennt Stevens die Namen der Verantwortlichen, noch schlägt er die Auflösung des UDR vor.

Es geht ihm lediglich darum, einige „faule Äpfel aus der Kiste“ zu sortieren. Der irische Außenminister Collins sagte dagegen, daß die ganze Kiste verfault sei.

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