: Tote und Verletzte in Pakistans Straßen
■ Bhutto hat „Niederschlagung der Terroristen“ angeordnet / Geistliche protestieren gegen Ausgehverbot
Hyderabad (ap/taz) - Bei Auseinandersetzungen zwischen Polizeikräften und Demonstranten in mehreren Städten der südpakistanischen Provinz Sindh sind am Sonntag mindestens 82 Menschen getötet und weitere 275 verletzt worden. In der Zwei-Millionen-Stadt Hyderabad schossen Polizei und Miliz auf Menschenmengen, die sich trotz Ausgehverbots auf die Straßen begeben hatten. Hier wurden allein 60 Menschen getötet und 200 verletzt.
Moslemische Geistliche hatten die Bevölkerung über Lautsprecher der Moscheen aufgerufen, sich über die Ausgehsperre hinwegzusetzen und die Wiederherstellung der Wasser- und Stromversorgung zu verlangen. Die Versorgung soll unterbrochen worden sein, um die seit Wochen schwelenden Kämpfe zwischen den rivalisierenden Sindhi und Mohajirs zu unterbinden.
In der Acht-Millionen-Metropole Karatschi wurden Polizisten und Passanten von Dächern und aus Wohnungen von Heckenschützen beschossen. Die Regierung entsandte Truppen in das Gebiet. Hier starben 22 Menschen, und 75 wurden verletzt.
Im Sindh forderte die politisch und ethnisch motivierte Gewalt allein seit dem 15. Mai 135 Menschenleben. Die heftigsten Kämpfe liefern sich dabei Anhänger von Ministerpräsidentin Benazir Bhutto, die aus Sindh stammt, und der radikalen Mohajir-Qami-Bewegung (MQM). Diese verlangt für die bei der Teilung 1947 und später aus Indien nach Pakistan eingewanderten Mohajiren den Status einer fünften offiziell anerkannten Volksgruppe neben Pathanen, Punjabis, Balutschen und Sindhis. Zudem klagt die MQM, die vor zwei Jahren noch mit der Bhutto-Partei gegen das Militärregime General Zias fraktioniert hatte, die Erfüllung eines 52-Punkte-Katalogs ein.
Oppositionsabgeordnete in Islamabad forderten angesichts der Gewalt die Entlassung der Provinzregierung und die Verhängung des Ausnahmezustands über Sindh. Am Freitag hatte Bhutto der Provinzregierung Anweisung gegeben, die „terroristischen und subversiven Elemente zu zerschlagen“. Sie hatte außerdem, wie es zwischen Indien und Pakistan bereits Usus ist, Indien erneut beschuldigt, die unterschiedlichen ethnischen Grupen Südpakistans gegeneinander aufzuhetzen.
sl
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