: Trinkwasserbrunnen in Lübeck stillgelegt
■ Stadtwerke sprechen von „vorsorglicher Maßnahme“
Lübeck (taz) - Ist das Trinkwasser in der Hansestadt Lübeck vergiftet? Die Stadtwerke haben zumindest einen Förderbrunnen im Stadtteil Herrenwyk-Küchnitz „vorsorglich“ stillgelegt. Bei Untersuchungen eines Grundwasserstroms wurde im Brunnen eines Wasserwerkes eine Konzentration polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK) in Höhe von 7.046 Nanogramm pro Liter gemessen. Diese Konzentration des krebserregenden Stoffes liegt 120fach über dem laut Trinkwasserverordnung zulässigen Wert.
Die Lübecker Stadtwerke und das Kieler Umweltministerium wiegeln ab. Stadtwerke-Direktor Günther Friege erklärte, die gemessenen PAKs seien nicht „trinkwasserrelevant“. Und der Sprecher des Umweltministeriums, Wolfgang Götze, wies darauf hin, daß es sich um eine Einzelmessung im Grundwasser handle. Bevor dieses Naß zu Trinkwasser würde, werde es aufbereitet. Weitere Informationen sind aus dem Kieler Ministerium derzeit nicht zu erhalten, erst einmal sollen weitere Proben untersucht werden.
Die Bürgerinitiative „Gesunde Umwelt Küchnitz“ ist weniger zurückhaltend. Sie hat seit Jahren vor einer Wasserverseuchung gewarnt. 1989 waren auch Greenpeace -Chemiker zu der Einschätzung gekommen, das Trinkwasser der Hansestadt sei akut gefährdet. Einer der für die Versorgung wichtigsten Grundwasserströme verläuft nämlich unter dem hochgradig vergifteten Gelände der Metallhütte in Herrenwyk hindurch. Das Durchsickern der Altlasten sei, so die Umweltschützer, nur eine Zeitfrage. Jahrzehntelanger Kokereibetrieb hat dieses Areal zu einer riesigen Giftmülldeponie gemacht. In der Lübecker Bürgerschaft wird seit langem darüber gestritten, wer für die Sanierung der Altlasten zuständig ist. Doch bisher geschah nichts. Jetzt wollen Mitglieder der Bürgerinitiative den Lübecker Umweltsenator Norbert Döhring (SPD) anzeigen, wegen „Unterlassung“.
Künftige Unterlassungen sollen angeblich Thema von vertraulichen Verhandlungen der Kieler Landesregierung mit dem Essener Stahlkonzern Thyssen sein. Die Essener Stahlmanager wären bereit, auf der Herrenwyker Müllhalde mit einer neuen Kokerei-Batterie einzusteigen. Aber nur, wenn in nächster Zeit keine Sanierungsauflagen gemacht werden.
Jürgen Oetting
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen