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Kleiner Zivi-Streik

■ 200 ZDLer solidarisch mit Totalverweigerern hier bitte das Foto mit dem Roland und Transparent

Der Roland - auch ein Zivi Foto: Wolfram Steinberg 1.400 Zivildienstleistende sind in Bremen im Einsatz. Weniger als 200 beteiligten sich gestern an einer Streik -Kundgebung auf dem Marktplatz.

„Ich wußte nichts von einem Streik. Ich hab‘ das irgendwann mal im Radio gehört, hab‘ mir das Datum aber nicht gemerkt“, begründete einer der Bremer Zivildienstleistenden gestern seine Nicht-Teilnahme. Er hält mit seiner Arbeitskraft eine Bremer Rot-Kreuz-Telefonzentrale am Laufen und findet deshalb: „Man kann nicht einfach von der Arbeit weglaufen.“ Auch ein Abteilungsleiter im Dienstleistungszentrum Hastedt des Deutschen Roten Kreuzes winkt ab: „Meine Jungs waren alle da.“ Seine „Jungs“ sind Zivildienstleistende und arbeiten als Fahrer. Befördern ältere Menschen und Materialien für Blutspendemaßnahmen. Insgesamt arbeiten beim Deutschen Roten Kreuz über 80 Zivis. Mitgestreikt haben alle fünf aus dem Dienstleistungszentrum Wachmannstraße. Ihre Vorgesetzte hatte sich organisatorisch auf den Streiktag eingerichtet. Der Ausfall sei aber nur für einen Tag zu verkraften. Sie sei schon darauf angewiesen, „daß die morgen wieder kommen“.

Die 170 jungen Männer, die sich um 11 Uhr auf dem Marktplatz versammelten, demonstrierten für eine Forderung, die auf einem 16 x 5 Meter hohen Transparent in großen Lettern stand: „Entmilitarisierung jetzt. Abschaffung aller Kriegsdienste.“ Das Transparent war an der Vorderfront des Doms hochgezogen worden.

Anlaß des Streiks war die gestrige Gerichtsverhandlung gegen einen Totalverweigerer in Duisburg, bei der 15 junge Männer als erstes „Totalverweigerer-Kollektiv“ in Aktion treten wollten. Auch drei Bremer, „Alex, Jörn und Andre“, waren in Duisburg dabei.

„Viele konnten sich mit einer Aktion für Totalverweigerer nicht solidarisieren“, begründet einer der Streik -Organisatoren die vergleichsweise geringe Beteiligung. Doch auch bei den 170, die gekomemn waren, standen die verschiedensten Motive im Vordergrund. Einige monierten, daß Zivis als billige Arbeitskräfte eingesetzt würden. Wieder anderen war ein Dorn im Auge, daß in der Bundesrepublik der Zivildienst fünf Monate länger dauert als der Wehrdienst, während in der gewendeten DDR für beides nur zwölf Monate angesetzt sind. Einer der Redner forderte denn auch: „kurzfristig das DDR-Zivildienstgesetz übernehmen“. Langfristig aber soll das Militär in der BRD ganz abgeschafft und ein „internationaler sozialer Friedensdienst“ eingeführt werden.

Eine junge Sympathisantin, die mit auf den Marktplatz gegangen war, war von den Zivis enttäuscht: „Meiner Meinung nach sind Zivis Leute, die gegen die Armee an sich sind. Leider mußte ich heute feststellen, daß dem nicht so ist. Ich bin echt enttäuscht von Euch Bremer Zivis, die ihr nicht gekommen seid.“

B.D.

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